St. Petersburg. In der unter Beliebtheitsschwund leidenden Kommunistischen Partei herrscht offene Rebellion: Eine heute einberufene „alternative“ Versammlung von Zentralkomitee-Mitgliedern hat den Parteivorsitzenden Gennadi Sjuganow, dessen Stellvertreter und das Präsidium abberufen. Als neuen ZK-Vorsitzenden wählten die Rebellen den Gouverneur von Iwanowo, Wladimir Tichonow.
Zu einem vorgezogenen und nicht von der Parteiführung sanktionierten 16. Plenum des Zentralkomitees versammelten sich heute in Moskau 96 der 158 ZK-Mitglieder. 92 von ihnen haben, so eine dabei veröffentlichte Presseerklärung, für die Absetzung Sjuganows und der restlichen Führung der KPRF gestimmt. „Erstmals in der Geschichte der KPRF erfolgte die Stimmauszählung offen und unmittelbar im Saal im Beisein aller ZK-Mitglieder“, hieß es weiter in der Erklärung.
Ein Sprecher der KP-Führung bezeichnete die Berichte über die Absetzung Sjuganows als „Desinformation“. Das ZK werde erst am heutigen Abend auf dem Gelände eines Moskauer Gartenbau-Forschungsinstitutes zusammentreten. Allerdings blieb offen, ob die Sjuganow-Getreuen ebenfalls eine abstimmfähige Mehrheit zusammen bekommen werden.
Am 3. Juli soll – darüber sind sich beiden Seiten einig - ein Parteitag stattfinden. Nach dem Willen der Partei-Rebellen soll er die Absetzung Sjuganows bestätigen. Dessen Absetzung sei aber auch so schon legitim, erklärte das ZK-Mitglied Sergej Potanow, da Sjuganow auch nur vom ZK und nicht von einem Parteitag gewählt worden sei. Tichonow sagte, seine Aufgabe sei zunächst die Durchführung des Parteitags am 3. Juli.
Gleichentags hatte auch der Koordinationsrat der „Volks-Patriotische Union Russlands“, eine Art Dachverband kommunistischer Kräfte, Sjuganow als Vorsitzenden dieser Organisation entlassen. Als neuer Vorsitzender der Volkspatrioten wurde der als Sjuganows Hauptwidersacher in der KP bekannte Duma-Abgeordnete Gennadi Semigin eingesetzt.
(ld/.rufo)
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