Von André Ballin, Moskau. Wer die Botschaft des Herrn am vergangenen Mittwoch nicht gehört oder verstanden hatte, dem erklärte Präsidentenberater Andrej Illarionow heute noch einmal die Worte Putins. Nur wenn durch starkes Wirtschaftswachstum das BIP verdoppelt werde, könne die Armut im Land beseitigt werden, sagte er. Das Kyoto-Protokoll sabotiere diese Absicht und die Experten im Wirtschaftsministerium rechnen zu niedrige Wachstumszahlen aus, schimpfte Illarionow.
Eine freie Gesellschaft hatte Putin gefordert. Frei sein könne aber nur, wer nicht durch seine Armut in seinen Möglichkeiten eingeschränkt sei, erklärte Illarionow. 30 Millionen leben in Russland unterhalb der Armutsgrenze von 70 USD monatlich. Um diese Ziffer zu senken, habe Putin die Forcierung des Wirtschafstwachstums gefordert und das bereits vor einem Jahr gestellte Ziel, Verdoppelung des Bruttosozialprodukts innerhalb von zehn Jahren, wiederholt, teilte Illarionow mit.
Dazu sei eine liberale Wirtschaftspolitik notwendig, forderte der Präsidentenberater. Genau dies verhindere allerdings das Kyoto-Protokoll. In der Putin-Botschaft tauchte zwar der Begriff Kyoto-Protokoll nicht auf. Das war freilich kein Hinderungsgrund für Illarionow, sich erneut mit seinem „Lieblingsthema“ auseinander zu setzen.
„Hinter dem Kyoto-Protokoll steht eine totalitäre Ideologie, ähnlich denen des Kommunismus oder Faschismus. Lediglich die Farbe hat sich geändert. Früher war sie rosa oder braun, heute ist die Ideologie grün“, wetterte der Präsidentenberater.
Das Protokoll sei unwissenschaftlich, ineffektiv und gefährlich für das Wirtschaftswachstum, wiederholte Illarionow seine alten Argumente. Um seine Aussagen zu bekräftigen, behauptete er, dass die vorgelegten Modelle zur Klimaveränderung schlicht gefälscht seien.
Allerdings ist sich Illarionow seines Sieges im ideologischen Kampf um die Ratifizierung des Protokolls nicht mehr sicher: „Wenn Russland unterschreibt, dann nicht aus inhaltlichen Gründen“, ließ er seine Zuhörer wissen. Denn neue Argumente für das Dokument seien in den letzten Monaten nicht gekommen, dafür jede Menge politischer Druck.
Wenn die Umweltauflagen nicht stören, dann schaffe Russland die Verdopplung des BIP bis 2012, vielleicht sogar bis 2010, ist sich der Wirtschaftsguru sicher. Dazu wären Wachstumsraten von 7,2 Prozent bzw. 9,2 Prozent pro Jahr nötig. Dass die Experten im Wirtschaftsministerium für dieses Jahr gerade einmal von einem Wachstum von 6,6 Prozent ausgehen, liegt nach Angaben Illarionows an deren veralteten Rechenmodellen.
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