St. Petersburg. Nach der deutlichen Verringerung der Zahl der Ministerien bei der letzten Kabinettsumbildung im März rückte Premierminister Michail Fradkow nun auch dem unüberschaubaren Organisationsdickicht in der Regierung zu Leibe: Statt einst 220 Regierungs- und ämterübergreifenden Kommissionen soll es in Zukunft nur noch elf geben. Aufgelöst wurden aber nur 146 Beratungsorgane: Ein paar Dutzend Regierungskommissionen sind unauffindbar, weil sie seit Jahren nicht mehr zusammen getreten sind.
Viele auf dem Papier im Weißen Haus noch existierende Kommissionen wurden schon Anfang der 90er Jahre einberufen und haben inzwischen weder real existierende Vorsitzende noch Sekretariate. Sie alle mit einem Federstrich aufzulösen, wagte Michail Fradkow aber offenbar auch nicht. Offenbar will man in der Regierung erst einmal gründlich nach den letzten Lebenszeichen der verlorenen Organe fahnden – wer weiß, vielleicht sitzt ja in einem Hinterzimmer der Regierungszentrale seit einem Jahrzehnt noch eine vergessene Kommission und tagt und tagt und tagt ...
Von den neuen Beratungsgremien wird der Regierungs-Chef persönlich bei fünf vorsitzen: Die Kommissionen für militär-industrielle Fragen sowie für den Kampf gegen Verstöße gegen das intellektuelle Eigentum sowie das Marine-Kollegium gab es schon unter Fradkows Vorgänger Michail Kassjanow. Neu installiert wurden Kommissionen für Fragen der wirtschaftlichen Integration (zuständig für die Beziehungen zur EU und GUS) sowie ein Gremium, dass sich mit der Welthandelsorganisation WTO beschäftigt, der Russland beitraten möchte. Fradkow übernimmt damit in mehreren strategisch wichtigen Gebieten Verantwortungen, die bislang in der Hand von Vizepremiers lagen.
Der nun einzige Vizepremier Alexander Schukow leitet in Zukunft die Regierungsgremien für Gesetzgebung sowie für internationale technische und humanitäre Hilfe. Dmitri Kosak, Chef des Regierungsapparates, übernimmt die Aufsicht über die Kommission für die Verwaltungsreform.
Darüber hinaus blieben nach dem Kahlschlag im Gremiendschungel noch Regierungskommissionen für Landwirtschaft und Fischerei, eine für die Zusammenarbeit mit der Unesco und eine für Fragen der Religionsgemeinschaften erhalten, die von Ministern geleitet werden.
(ld/.rufo)
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