Moskau. Am 1. Januar wurde der Zivildienst gesetzlich in Russland eingeführt. Die ersten Zivis sollen erst im Herbst gezogen werden. Doch Kritik an dem Gesetz kommt von allen Seiten. Auf der von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Petersburger Dialog organisierten Konferenz „Zivildienst in Russland und Deutschland“ sollen deutsche Erfahrungen und russische Erwartungen miteinander verglichen werden.
Drei prinzipielle Kritikpunkte gibt es an der Einführung des Zivildienstes. Erstens wird er durch die Armee kontrolliert, zweitens ist die Dienstzeit mit dreieinhalb Jahren viel zu lang (Wehrdienst zwei Jahre). Drittens muss ein Zivildienstleistender außerhalb seiner eigenen Region den Dienst ableisten.
Die dritte Bedingung birgt eine nicht zu unterschätzende Tücke für die Wehrdienstverweigerer, denn es muss damit die Frage der Unterkunft geklärt werden. Krankenhäuser und soziale Einrichtungen verfügen nicht über Wohnheime oder Kasernen.
Darum werden den Zivis nur Stellen in Behörden oder gar der Armee angeboten. Auch Russlands Sozialminister Alexander Potschinok hat diese Schwierigkeit erkannt, will jedoch erste Erfahrungen beim Zivildienst abwarten, ehe er zu Gesetzesänderungen bereit ist.
Seinen Angaben nach will Russland in den nächsten Jahren 140.000 Zivildienststellen schaffen. Er versprach, dass mit der Verkürzung des Wehrdienstes im Zuge der Militärreform auch der Zivildienst kürzer werde.
Allerdings musste Potschinok zugeben, dass die Gewissensprüfung Schwierigkeiten bereite. In Russland entscheiden Gerichte darüber, ob die Gründe eines Einberufenen zur Verweigerung stichhaltig sind oder nicht. Die Kriterien, nach denen die Gerichte entscheiden, sind jedoch alles andere als einheitlich.
Das jetzt in Russland gültige Gesetz widerspreche elementaren Menschenrechten, sagte der ehemalige Duma-Abgeordnete Alexander Barannikow.
Derzeit läuft ein Prozess eines anerkannten Wehrdienstverweigerers gegen die Zivildienstbestimmungen. Der junge Mann klagte gegen die Länge des Zivildienstes. Es ist damit zu rechnen, dass weitere Klagen folgen.
(ab/.rufo)
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