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29-12-2003 Politik

Putins Partei hat allein das Sagen

Boris Gryslow (fot. newsru.com) St. Petersburg. Drei Wochen nach den Parlamentswahlen ist heute in Moskau die neue Staatsduma zum ersten Mal zusammen getreten. Wie nicht anders zu erwarten war, wurde Boris Gryslow, der Parteichef von „Einiges Russland“ und bisher russischer Innenminister, zum Parlamentsvorsitzenden gewählt. Die Fraktion der Kreml-Hauspartei wuchs auf 300 Mandate an und verfügt damit über eine Zweidrittelmehrheit.

Von den etwa 100 Abgeordneten, die in ihren Wahlkreisen als unabhängige Kandidaten oder als Vertreter von an der Fünf-Prozent Hürde gescheiterten Parteien angetreten waren, hat sich inzwischen die große Mehrheit ebenfalls der „Macht-Partei“ angeschlossen. Fraktionslos blieben nur 23 Volksvertreter. „Einiges Russland“ vergrößerte sich so von 222 auf 300 Abgeordnete – womit bei 447 vergebenen Mandaten die für Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit erreicht wäre. Das restliche Drittel verteilt sich auf die Kommunistische Partei (52 Sitze) und die LDPR von Wladimir Schirinowski und den linksnationalen Wahlblock „Heimat“ mit je 36 Abgeordneten.

Vor allem wegen des Wahldebakels der westlich-liberalen Parteien „Jabloko“ und SPS ist die aktuelle Staatsduma mit nur vier Fraktionen diesmal so „übersichtlich“ wie noch nie. Vorübergehend hatte man in der bedingungslos Putin-treuen Partei ER sogar darüber nachgedacht, sich künstlich in mehrere Fraktionen aufzuspalten – schon allein um für die vielen eigenen Parteigänger zusätzliche Führungsposten, Sekretariate und andere Segnungen der Parlamentsverwaltung zu ergattern. Letztlich bleib es dann aber doch bei der Lösung einer geeinten „Kreml-Fraktion“. Deren dominierende Rolle ist nun zumindest hinter den Mauern der Duma fast so eindeutig wie einst die der KPdSU im Sowjetsystem.

Dass nun jede Parlamentsentscheidung bereits in der ER-Fraktion getroffen werden kann, zeigt schon die Zusammensetzung der Parlamentsspitze: Neben dem mit 352 Stimmen gewählten „Speaker“, dem einige Tage zuvor als Innenminister abgetretenen Boris Gryslow, amtieren mit Ljubow Slizka und Alexander Schukow zwei „Erste Stellvertreter“ ebenfalls aus den ER-Reihen. Daneben gibt es noch acht einfache „stellvertretende Parlamentsvorsitzende“, von denen nur drei von den anderen Gruppierungen gestellt werden. Seitens der LDPR wurde wie schon in der letzten Wahlperiode wieder Wladimir Schirinowski auf diesen Posten abgestellt. Gemeinsam stellen sie den Duma-Rat, der unter anderem die Fragen der Tagesordnung entscheidet.

Wladimir Putin hatte zu Beginn der Eröffnungssitzung vor den Parlamentariern gesprochen und aufgefordert, sich in erster Linie um Probleme zu kümmern, die für die Lebensqualität der russischen Bürger entscheidend seien. „Es geht um die Fortführung der begonnenen Veränderungen im Bildungs- und Gesundheitssystem, um die Schaffung eines Marktes an erschwinglichem Wohnraum und die Rechtsgrundlage für Hypotheken“, so der Präsident.

Bei russland-aktuell
• SPECIAL: Dumawahl 2003
Der bisherige Parlamentsvorsitzende und frühere Kommunist Gennadi Selesnjow, dessen eigene „Partei der Wiedergeburt Russlands“ ebenfalls an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, sitzt jetzt nur dank eines Direktmandates aus St. Petersburg als einfacher fraktionsloser Hinterbänkler im Parlament. Wer im übrigen an Stelle von Gryslow neuer Innenminister wird, hat Putin noch nicht entschieden.
(ld/.rufo)

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