Von Gisbert Mrozek, Moskau. Man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben. Aber es scheint nun doch ganz deutlich so, als versuche Putin die Beziehungen zu seinen Nachbarn anders zu gestalten, als zu Sowjetzeiten. Und anders, als es im lateinamerikanischen Hinterhof der USA so üblich ist. Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, statt rabiater Druck - auch wenn das im Falle Georgiens mit dem Risiko einhergeht, dass im Lande US-orientierte Oppositionelle die Oberhand gewinnen. Aber eben dieser neue Ansatz scheint auch dazu zu führen, dass dies vielleicht – trotz der Milliarde Dollar, die die USA in die richtige Orientierung Georgiens investiert haben - doch nicht geschieht.
Dafür spricht der Jubel, mit dem Aussenminister Iwanow von der Oppositionskundgebung empfangen wurde. Offensichtlich war es klüger, russische Diplomaten zu schicken, als Panzer oder Ex-Geheimdienstchef Georgadse und dessen in Russland trainierten Kommandos.
Der Rahmen für die neue georgische Spitze ist eh eng genug: Die drei autonomen Gebiete Adscharien, Südossetien und Abchasien haben sich schon von Schewardnadse nicht regieren lassen.
Drei Viertel der Abchasen haben jetzt schon russische Pässe. Die Nahverkehrszüge fahren nach Sotschi, aber nicht nach Tiflis.
Die Südossetien orientieren sich mehr nach dem russischen Wladikawkas nördlich der Berge als nach Tiflis, von woher immer nur marodierende Interventionstruppen kamen.
Die Adscharier fahren lieber in drei Stunden über die neue Küstenautobahn zum Einkaufen ins türkische Trabzon, als sechs Stunden nach Tiflis, von wo aus ein Dutzend Attentate auf den Adscharischen Präsidenten organisiert wurde.
Für alle drei Gebiete war und ist Russland die Schutzmacht. Alle drei würden am liebsten morgen schon der Russischen Föderation beitreten.
Wenn der neue starke Mann in Tiflis – Michail Saakaschwili – oder die neue starke Frau – Nino Burdschanadse versuchen sollten, die Grenzbefestigungen dieser drei Gebiete mit Gewalt zu beseitigen, um Georgien zu vereinen, würden sie eher Georgien ganz zerstören. Die Frage ist also, ob die politische Klasse in Tiflis ohne Schewardnadse klüger sein wird. Die Chance dazu lässt ihnen der neue Nachbar im Norden.
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