Von André Ballin, Moskau. „Eine Rückkehr in die Vergangenheit wird es nicht geben“, versprach Russlands Päsident Wladimir Putin der versammelten Business-Elite des Landes. Der Chef des Unternehmerverbandes Arkadi Wolski hatte Putin zuvor aufgefordert, auf Gewaltmaßnahmen bei der Lösung wirtschaftlicher Probleme zu verzichten. Beide Seiten bewegten sich bei der Tagung des Unternehmerverbandes vorsichtig aufeinander zu.
Er verstehe sehr gut, dass jede Aktion der Sicherheitsorgane Besorgnis auslöse, versicherte Putin, doch auf Gesetzesübertretungen müsse der Staat nun einmal reagieren. Auf die Yukos-Affäre wollte der Präsident freilich nicht eingehen und räumte lediglich ein, dass alles nach den Buchstaben des Gesetzes geschehen müsse.
Den Vorwurf, dass die Staatsanwaltschaft als Mittel im Konkurrenzkampf diene, drehte der Präsident jedoch um. „Wer hat die Staatsanwaltschaft als sein Mittel eingesetzt? Wer? Konkurrenten. Das heißt das Business selbst.“ So sei es am Ende kaum festzustellen, wo die Grenze zwischen Staat und Business verlaufe, erklärte Putin. Gemeint: Zahlreiche Fälle, in denen Staatsbedienstete und Justizdiener von Großunternehmen bezahlt wurden.
Die Geschäftselite des Landes reagierte verhalten optimistisch auf die Äußerungen des Präsidenten. Schon sein Auftritt bei der Sitzung war ein Erfolg für die Unternehmer, denn bis vor wenigen Tagen war noch nicht sicher, ob er überhaupt kommen würde. Vor zwei Wochen hatte Putin die Bitte der Oligarchen, über die Verhaftung des damaligen Yukos-Chefs Michail Chodorkowski zu sprechen, scharf zurückgewiesen.
Die Freilassung Chodorkowskis forderte keiner der Teilnehmer explizit, doch ganz wandten sich die Businessmänner auch nicht vom Oligarchen ab. Er bleibt weiterhin in den Spitzengremien des Unternehmer- und Industriellenverbandes.
Derweil geht der Ärger bei Yukos weiter. Den Staatsanwälten gelang es, die Computerdokumente zu dechiffrieren. Nun machen sich die Ermittler eifrig ans Aktenstudium. Und sie sind nicht die einzigen, die gegen Yukos ermitteln. Rechnungshof, Zollamt und Steuerministerium arbeiten mit ihnen zusammen. Außerdem haben das Ministerium für Bodenschätze Russlands und das Landwirtschaftsministerium der russischen Teilrepublik Jakutien, wo die Yukos-Tochtergesellschaft „Sachaneftegas“ aktiv ist, Untersuchungen gegen den Ölkonzern eingeleitet.
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