St. Petersburg. Bei der Eröffnungszeremonie zum Gipfeltreffen der Mitglieder der Islamischen Konferenz (OIC) in Malaysia bewies Russlands Präsident Wladimir Putin am Donnerstag stoische Haltung und Kaltblütigkeit. Nach einer monströsen Hasstirade von Gastgeber Mahathir Mohamad gegen die Juden, welche Proteste in aller Welt auslöste, fand Putin diplomatisch aus der peinlichen Situation heraus.
Der russische Präsident war in die neue malaysische Verwaltungshauptstadt Putrajaya als Gastredner geladen worden (russland-www.aktuell.RU berichtete). Bevor er jedoch zum Rednerpult schreiten durfte, musste er sich die antisemitische Rede des malaysischen Ministerpräsidenten Mohamad anhören, der gerade erst zum Vorsitzenden der Islamischen Konferenz ernannt worden war. „Wir sind Moslems, wir zählen 1,3 Milliarden Menschen... Warum sind wir immer noch hilflos den Juden gegenüber?“ Und: „Im Zweiten Weltkrieg haben die Europäer sechs von zwölf Millionen Juden getötet. Und trotzdem regieren die Juden die Welt“, gab er zum Besten.
Nach Angaben eines Korrespondenten der Tageszeitung „Kommersant“ blieb Putin bei diesen und weiteren judenfeindlichen Äußerungen des Redners äußerlich unberührt, in seinem Gesicht zuckte kein Muskel. Während Außenminister Igor Iwanow aufstand und den Saal verließ, blieb Putin sitzen und stand die Prüfung bis zum Ende durch. Nach den Regeln der hohen Diplomatie blieb ihm wohl auch nichts anderes übrig.
Bei seinem eigenen Auftritt als letzter Redner der Plenarsitzung hielt Putin sich dann streng an die im Voraus geschriebene Rede und verzichtete auf jeden Kommentar zum gerade Vernommenen. Unter dem Beifall der Anwesenden erzählte der russische Präsident von der intensiv steigenden Zahl der Moscheen in Russland und seiner innigsten Überzeugung, der „Terrorismus könnte nicht mit einer bestimmten Religion gleichgesetzt werden“. Die Geschichte Russlands beweise, dass die Koexistenz verschiedener Zivilisationen möglich sei, „Russland als eurasisches Land ist mit der islamischen Welt vermischt“.
Laut der Tageszeitung „Iswestija“ fragten russische Journalisten Putin im Anschluss an die Sitzung, ob er sich unwohl gefühlt hätte im Saal, als islamische Gebete gesprochen wurden. „Ich spürte keine Nervosität“, sagte der russische Staatschef, fügte dann aber hinzu: „Eine andere Sache ist, dass manche Redner unterschiedliche Meinungen zum Ausdruck brachten, darunter extreme. Kann nicht schaden, das zu hören.“
Der baschkirische Präsident Murtas Rachimow, der zur russischen Delegation gehörte, meinte gar, der Übersetzer hätte Fehler gemacht und deshalb seien die Äußerungen des malaysischen Ministerpräsidenten verzerrt worden. Das Wort „Feind“ hätte der vielleicht gar nicht benutzt in seiner Rede. Und überhaupt habe Russland ja nicht vor, Mitglied in der OIC zu werden. Was auch gar nicht geht, denn dafür müsste es nachweisen, dass mindestens 50 Prozent der Bevölkerung Moslems sind. Ein weiterer glücklicher Umstand, mit dem man sich glimpflich aus der gestrigen Affäre ziehen kann.
(sb/.rufo)
|