Moskau. (Aktualisiert um 18:45) Nur der Aufmerksamkeit der Security ist es zu verdanken, dass das größte russische Open-Air-Rockfestival am Samstagnachmittag nicht mit einem noch viel schlimmeren Blutbad endete. Innenminister Boris Gryslow erklärte, der Anschlag könnte eine Reaktion darauf sein, dass am Freitag tschetschenische Präsidentenwahlen angekündigt worden waren. Tatsächlich hatte es in den letzten Monaten nach jedem Schritt in Richtung politischer Lösung à la Putin spektakuläre Sprengstoffanschläge gegeben.
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Ein Sprecher Aslan Maschadows versicherte aber sofort, der tschetschenische Rebellen-Präsident habe mit diesem Attentat nichts zu tun. Andere tschetschenische Warlords schweigen aber. Und in Moskau macht man sich Sorgen um die innere Sicherheit.
Zwar werden die Sicherheitsmaßnahmen bei allen öffentlichen Veranstaltungen jetzt noch verschärft. Es sollen aber keine Grossveranstaltungen in den Sommermonaten abgesagt werden, erklärte ein Sprecher der Moskauer Stadtregierung. Man werde sich um maximale Sicherheit bemühen.
Tatsächlich steht unter Sicherheitsfachleuten außer Zweifel, dass es selbst mit extremsten Sicherheitsmaßnahmen keine hundertprozentige Garantie gegen Selbstmordattentäter wie in Israel, Tschetschenien, Irak oder jetzt auch in Moskau geben kann.
Für Massengeiselnahmen wie das Nord-Ost-Drama im vergangenen Herbst brauchen die Organisatoren umfangreiche Vorbereitung und gute Infrastruktur. Selbst wenn die tschetschenischen Kampfgruppen darüber jetzt nicht mehr verfügen sollten, können blutige Kamikazeattentate wie das von Moskau recht einfach organisiert werden.
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Wahrscheinlich wurden am Samstag Nachmittag 20 Menschen getötet und etwa 40 verletzt, als zwei Kamikazeattentäterinnen ihre Sprengstoffgürtel vorzeitig zündeten. Sie waren schon am Eingang zum Festivalgelände von der Security nacheinander im Abstand von einer Viertelstunde aufgehalten wurden.
Eine der Bomben hatte eine Sprengkraft von etwa einem Kilo TNT, gespickt mit Metallteilen, Nägeln und Schrauben. Der andere Sprengstoffgrürtel explodierte nur unvollständig. Die Attentäterin starb zwar auch, aber nur drei Menschen wurden von ihr verletzt. Bei einer der Attentäterinnen wurde ein tschetschenischer Pass gefunden.
Berichte über eine dritte Explosion direkt auf dem Festivalgelände bestätigten sich nicht. Die etwa 40.000 Konzertbesucher merkten von den Anschlägen nichts. Die Gruppen „Maschina Wremeni“ (Zeitmaschine) und „B-2“ spielten weiter. Es gab auch keinerlei Lautsprecherdurchsagen, um Panik zu vermeiden.
Das Rockfestival „Krylja“ (Die Flügel) ist die größte russische Open-Air-Veranstaltung. Während die Toten geborgen und die Verletzten abgefahren wurden, lief das Festival weiter. Erst am Abend wurde das Gelände langsam geräumt.
Und in Moskau beginnt die Diskussion über die Folgen.
Boris Nemtsow erklärte für die “Union der Rechten Kräfte” (SPS), das Attentat belege, dass die tschetchenische Tragödie noch ungelöst sei. Duma-Sprecher Genadij Selesnow sagt, offensichtlich bestehe die Terrorismus-Gefahr für Russland weiter. Alle Versuche des Kreml, eine politische Lösung für Tschetschenien zu finden, stoßen auf den Widerstand derer, die keinen Frieden wollen, sagte Selesnow. Es könne zu Anschlägen in jeder beliebigen russischen Stadt kommen. “Wir haben genug Milizionäre und Sicherheitskräfte. Halb Russland steckt in Uniform. Aber wir dürfen nur nicht an Aufmerksamkeit nachlassen.”
(gim/.rufo)
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