Von Karsten Packeiser, Moskau. Ein Vertrauter des russischen Exil-Magnaten Boris Beresowski ist als mutmaßlicher Drahtzieher des Mordes an dem liberalen Duma-Abgeordneten Sergej Juschenkow verhaftet worden. Dreißig Beamte einer Spezialeinheit stürmten in der Nacht zum Donnerstag das Hotel-Zimmer in der Provinzstadt Kudymkar im Ural, in dem sich Michail Kodanjow aufhielt. Kodanjow war Co-Vorsitzender des Beresowski-treuen Teils der gespaltenen Partei „Liberales Russland“. Zwei Männer, bei denen es sich um die Auftragskiller handeln soll, waren nur Stunden zuvor festgenommen worden.
In einem Telefoninterview mit der Zeitung „Wremja Nowostej“ wies Kodanjow kurz vor seiner Verhaftung alle Anschuldigungen zurück. Die beiden als mutmaßliche Mörder verhafteten Männer kenne er nicht.
Bereits unmittelbar nach dem Mord spekulierte die russische Presse über eine Verwicklung Beresowskis und seiner Vertrauten in die Tat. Viktor Pochmelkin, ein enger politischer Weggefährte des Ermordeten, erklärte, er halte eine Beteiligung Kodanjows an dem Verbrechen für „möglich“. „Zweifellos hatte er ein Motiv“, sagte Pochmelkin dem Fernsehsender NTW.
Das „Liberale Russland“ war ursprünglich mit dem Geld Beresowskis gegründet worden. Juschenkow und dessen Anhänger hatten den Magnaten aus der Partei ausgeschlossen, nachdem der einstige Kreml-Intimus für ein Bündnis mit den Kommunisten plädierte, um Präsident Putin zu stürzen.
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Bei www.aktuell.RU: |
• Ein schlimmer Mord mit üblen Folgen
• Juschenkow – Protokoll eines Mordes
• Kriminelle Polizisten machten Millionen
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Da Juschenkow, einer der letzten „Demokraten der ersten Stunde“ im russischen Parlament, aber auch immer wieder als vehementer Kritiker des Geheimdienstes FSB auftrat und vor einem Polizeistaat in Russland warnte, galt auch eine Verwicklung von Geheimdienstkreisen in die Tat nicht als ausgeschlossen. Juschenkow hatte aktiv in einer unabhängigen Kommission gearbeitet, die eine Verwicklung des FSB in die blutigen Terroranschläge auf Moskauer Wohnhäuser im Herbst 1999 nachweisen wollte. Der Politiker war am 17. April vor seinem Moskauer Wohnblock erschossen worden.
Die Verhaftung der beiden mutmaßlichen Mörder hatte Innenminister Boris Gryslow am Mittwochnachmittag bekanntgegeben. Einer der beiden Männer soll auf Juschenkow gefeuert, sein Komplize im Fluchtwagen auf den Killer gewartet haben. Die Aufklärung des Aufsehen erregenden Politiker-Mordes wäre für Gryslow, den bisher eher blassen Chef der Kreml-treuen Partei „Einiges Russland“, im Wahlkampf ein weiterer wichtiger Erfolg. Erst Anfang der Woche hatte die Gryslow-Behörde dem organisierten Verbrechen den Krieg erklärt und mit der Verhaftung einer Gruppe krimineller Beamter der Kriminalpolizei für Schlagzeilen gesorgt.
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