St. Petersburg. Präsident Putin hat gestern zwei neue Vize-Premiers ernannt: Die Zuständigkeit für den Sozialbereich übernahm Galina Karelowa, bisherige Vizeministerin für Arbeit und soziale Entwicklung. Boris Aljoschin, bislang Chef von Gosstandart, soll als Industrie-Kurator vorrangig den Rüstungsexport koordinieren.
Während die Ernennung der 52 Jahre alten Karelowa nicht besonders überraschte – schließlich war das Sozial-Portfolio seit März mit dem Weggang von Valentina Matwijenko auf den Posten des Präsidenten-Statthalters im St. Petersburg verwaist – wird mit Aljoschins Einzug ins Kabinett ein neuer Aufgabenbereich geschmiedet. Putin demonstrierte damit eindeutig, dass er den Rüstungsexport als Kernbereich der russischen Industrie fördern und ausbauen möchte.
Als Haupttätigkeitsfeld des neuen Vize-Premierministers wurde die Kontrolle und Leitung des russischen Rüstungsexportes genannt. Aljoschin (48) untersteht damit einer der wenigen russischen Hightech-Bereiche, der effektiv Devisen ins Land bringt – und zugleich die riesige Rüstungsindustrie des Landes ernähren muss. Im vergangenen Jahr setzte die Rüstungsbranche im Ausland 4,82 Milliarden Dollar um, hatte Putin gestern auf einer Sitzung des Komitees für die militär-technische Zusammenarbeit erklärt. Da inzwischen zahlreiche russische Unternehmen selbstständig im Ausland nach Kunden suchen dürfen, „und ich bin sicher, dass dies nicht immer qualitativ gut gemacht wird“, entstehe der Bedarf für eine bessere staatliche Koordination, so Putin.
Die Regierungs-Pressestelle ließ aber später verlauten, dass zum Zuständigkeitsgebiet Aljoschins neben dem Rüstungssektor auch die Industriepolitik, die Unterstützung des Unternehmertums, die Investitions- und Exportförderung sowie Fragen der Wissenschafts- und Innovationspolitik gehören werden. Nicht auszuschließen ist desshalb, dass Aljoschin über kurz oder lang den bisherigen Industrieminister Ilja Klebanow aus dem Amt drängen wird, der bereits im Februar vom Vizepremier zum einfachen Minister "degradiert" wurde.
Aljoschin gilt als „unabhängige“ Figur im Kabinett, er sei weder der von Jelzin formierten „Familie“ noch den „Petersburger Tschekisten“ aus Putins persönlichem Umfeld zuzuordnen, so „gazeta.ru“. In den anderthalb Jahren an der Spitze der staatlichen Normierungsbehörde Gosstandart habe er diese erfolgreich reformiert.
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