St. Petersburg. Im russischen Außenministerium herrscht große Enttäuschung über die Forderung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, einen internationalen Gerichtshof zur Aufklärung von Kriegsverbrechen in Tschetschenien einzuberufen. Ein hoher Beamter erklärte am Mittwoch Abend in Moskau, die Initiatoren der Empfehlung hätten nichts anderes im Sinn gehabt, als aus der Situation Kapital für ihre eigene politische Karriere zu schlagen: „Man kann nur bedauern, dass sich die Parlamentarische Versammlung damit den objektiven Realitäten in Tschetschenien entgegenstellt.“
Zugleich betonte der ungenannt gebliebene Diplomat gegenüber der Nachrichtenagentur „Interfax“, die Empfehlung werde kaum praktische Folgen haben, da sich die Minister des Europarats nicht dazu entschließen würden, „dieses abenteuerliche Vorhaben zu unterstützen“.
Der Vorsitzende des Duma-Komitees für internationale Beziehungen, Dmitri Rogosin, forderte indessen eine empfindliche Kürzung der Beiträge Russlands für den Europarat. In Straßburg sagte er vor Journalisten, Russland zahle jährlich 25 Millionen Dollar, „um dann zu hören, was wir nun hören“. „Das können wir uns auch zu Hause anhören, auch wir kritisieren uns gerne selbst.“ Die russische Delegation werde darauf hinwirken, das Thema Tschetschenien in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats nicht weiter zu behandeln. (sb/rufo) |