Moskau. Am Vorabend seiner Reise zum EU-Russland-Gipfel in Brüssel hat Putin erklären lassen, er wolle sich bald mit Tschetschenischen Prominenten treffen. Diese hatten ihm in einem Offenen Brief vorgeschlagen, per Volksabstimmung eine tschetschenische Verfassung zu verabschieden. Diskutiert wurde darüber am Samstag auch auf einem Tschetschenien-Kongress, den Menschenrechtler und Oppositionspolitiker in Moskau organisiert hatten. Putin signalisiert Lösungsbereitschaft - auf seine Art.
Es ist zwar nicht neu, dass Putin mit Tschetschen redet. Er hatte sich bereits mehrfach in Moskau aber auch in Tschetschnien selbst mit moskauorientierten tschetschenischen Politikern, Ältesten, Geistlichen und Geschäftsleuten getroffen.
Putin hatte Anfang der Woche auch schon erklärt, er halte es für den wichtigsten Schritt, eine Verfassung für Tschetschenien auszuarbeiten und zu verabschieden. An einem Verfassungsentwurf – natürlich im Rahmen der russischen Konstitution - wird unter Federführung des moskautreuen Verwaltungschefs Achmed Kadyrow bereits seit über einem Jahr geschrieben - nur dann unterbrochen, wenn Kampfgruppen wieder ein Verwaltungsgebäude in die Luft gesprengt hatten.
Neu ist jetzt, dass Putin hofft, einerseits die moskautreuen Behörden am Leben erhalten und andererseits die Kampfgruppen ausschalten zu können. Und durch die Verfassung eine neue Legitimität und Legalität herzustellen. Jedenfalls versteht man im Kreml unter politischer Lösung nicht dasselbe, wie im Europarlament. Verhandlungen mit Aslan Maschadow, die europäische Politiker immer wieder fordern, werden von Putin ebenso regelmässig abgelehnt. Kremlsprecher hatten mehrfach erklärt, der einzige Vertreter des russischen Staates, mit dem Maschadow in Moskau reden könne, sei der Generalstaatsanwalt.
Nach dem Geiseldrama sind Gespräche mit Maschadow zunächst noch unwahrscheinlicher geworden - zugleich aber ist es eher wahrscheinlich, dass Putin sich neue politische Züge einfallen lassen muss. Auch darüber ging die Rede auf dem Tschetschnienkongress im Hotel "Kosmos" in Moskau.
Der Menschenrechtler Sergej Kowaljow forderte - wie immer - den Kreml zu Gesprächen mit dem im Untergrund lebenden tschetschenischen Präsidenten Aslan Maschadow auf.
Einen neuen Ton ins Spiel brachte Grigorij Jawlinski. Der liberale Oppositionspolitiker kritisierte in seinem Redebeitrag den Kongress für verfrüht. Nach dem Moskauer Geiseldrama sei völlig unklar, welche Position Maschadow einnehme. Jawlinski verwies darauf, dass weder Maschadow noch sein Abgesandter Achmed Sakajew von den Geiselnehmern klar gefordert hätten, ihre Gefangenen freizulassen.
(rUFO/gim) |