St. Petersburg. Von wütendem Geschimpfe bis zu faustdicken Handgreiflichkeiten reicht zuweilen das Repertoire russischer Politiker im öffentlichen Leben. Dass dabei die Kameras (z.B. in der Staatsduma) munter mitdrehen und das Volk sich die Skandalszenen am Abend in den Nachrichten ansieht, scheint kaum jemanden ernsthaft zu stören. Doch das soll sich bald ändern – die erste „Schule für Protokoll und Etikette“ macht sich nun auf, den VIPs Russlands und denen, die es einmal werden wollen, feine Manieren beizubringen.
Die Schule erfreut sich laut der Tageszeitung „Iswestija“ kräftiger Unterstützung von Seiten der Petersburger Stadtregierung. Der Chef des Smolny-Protokolls Iwan Arzischewski zählt zudem zu den Lehrkräften der neuen Anstalt, die sich laut eigenem Programm der Ritter-Etikette unter modernen Bedingungen angenommen hat. In einem Infoblatt heißt es: „Hier lernen Sie, sich auf einer Vernissage und im Geschäft richtig zu verhalten, Geschenke zu machen und sich die passende Umgebung und Begleitung auszusuchen.“ Eines der annoncierten Lehrthemen klingt äußerst aktuell (nicht nur für künftige Smolny-Anwärter): „Wie verleihe ich Geld richtig und wie bekomme ich es zur rechten Zeit zurück.“
Laut der „Iswestija“ hinkt die Etikette bei den Russen besonders beim Besuch von Restaurants, Bars und Casinos, wo sie schlechte Tischmanieren und üble Umgangsformen mit dem Personal offenbaren. Ausländer benehmen sich dagegen oft im Theater daneben, dass sie in Freizeitklamotten besuchen, während der Vorstellung durch den Saal laufen, Limonade trinken und Popcorn futtern. Es gibt also massenhaft etwas zu tun für Schulen dieser Art. Und längst nicht nur in St. Petersburg.
(sb/rUFO) |