Moskau. Am 23. Oktober 2002 kidnappten tschetschenische Terroristen im Moskauer Musical-Theater Nord-Ost mehr als 900 Menschen. Drei Tage später fand das Drama ein blutiges Ende, als Spezialeinheiten mit Hilfe von Kampfgas das Theater stürmten. Was hat sich in diesem einen Jahr für die Moskauer verändert? russland-aktuell fragte Deutsche, die in Russland leben, wie sie das Geiseldrama erlebten und welche Folgen es für ihr persönliches Leben hatte.
Dagmar Lorenz , deutsche Rechtsanwältin in St. Petersburg: „Ich bin danach nicht öfter und nicht weniger ins Theater gegangen, weil das eine Zeit war, in der wir vor 22 Uhr fast nie aus der Kanzlei kamen. Ich habe das Geschehen aber damals mit Herz und Seele verfolgt."
"Ich weiß auch nicht, ob man in Deutschland oder den USA eine bessere Lösung parat gehabt hätte. Alles in allem war der Gaseinsatz eine clevere Lösung, jede andere wäre wohl noch blutiger ausgegangen."
Angst hat sie danach nicht verspürt, "denn Angst ist ein schlechter Ratgeber im Leben. Egal ob es die Angst vor Taschendieben in der Metro ist oder die, nachts allein auf die Straße zu gehen. Wer sie zeigt, zieht das Unglück nur an. Aber natürlich ist auch jemand, der ein gesundes Selbstbewusstsein ausstrahlt, nicht davor gefeit, Opfer solcher Terrorakte zu werden."
Jörg Rathmann: „In meinem Leben hat sich durch Nord-Ost nichts verändert. Ich war in Deutschland als es passierte und bin einen Tag nach der Erstürmung des Theaters zurückgekommen. Es hat mich sehr überrascht, dass es keine verstärkten Sicherheitsmaßnahmen in Moskau gab. Jedenfalls ist mir in der Metro nichts aufgefallen. Eine Woche später war ich im Theater. Das war schon ein komisches Gefühl. Bei der Aufführung gab es viele Spezialeffekte mit Schießerei und ich hatte den Eindruck, dass der Saal ähnlich beklommen war, wie ich. Insgesamt denke ich aber, dass es heute keinen Platz auf der Welt gibt, an dem man sich wirklich sicher fühlen kann.“
Jens Gowasch, Immobilienberater: „Das Geiseldrama hat mich zwar schockiert, aber nicht wesentlich in meinen Handlungen beeinflusst. Ich bin danach weder öfter noch seltener ins Theater gegangen.“
Zita Affentranger, Korrespondentin des Tages-Anzeiger: „Wir waren in der Schweiz, als es passiert ist. In der ersten Zeit nach unserer Rückkehr hatte ich den Eindruck, dass Moskau sich schon verändert hatte und etwas grimmiger geworden war. Aber inzwischen hat sich das wieder gegeben. Ich mache mir nicht mehr viele Gedanken darüber, wenn ich abends weggehe.“
(ab/kp/ld/sp/.rufo) |