Von Oldag Caspar, Astana. Der Präsident war voll des Lobs. „Sie sind die Antreiber unserer Reformpolitik“, erklärte Nursultan Nasarbaew den Delegierten des ersten kasachischen Bürgerforums am Mittwoch in Astana. Hier, in der schiquen Hauptstadt des jungen Kasachstans trafen sich zwei Tage lang Vertreter einer Zivilgesellschaft, die fast ausschließlich von ausländischen Geldern lebt. Wegen der Steuerpflicht für kasachische Nichtregierungsorganisationen (NRO) finanzieren die zumeist US-amerikanischen und europäischen Sponsororganisationen dabei gleichzeitig auch den kasachischen Staat mit.
Der zeigte sich nun erkenntlich und rief Abordnungen von nichtstaatlichen Organisationen aus allen Landesteilen zu dem Bürgerforum. Das großangelegte Treffen sollte der erste Versuch überhaupt sein, die Kommunikationslücke zwischen Regierung auf der einen und dem sogenannten Dritten Sektor auf der anderen Seite zu schließen. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten.
So sei das größte Problem für Nichtregierungsorganisationen in Kasachstan nach wie vor der stereotype, wenig kommunikative Stil, den Behörden im Umgang mit NROs pflegen würden, mahnte denn auch Valentina Siwrjukowa auf dem Forum. Siwrjukowa, Leiterin der Konföderation kasachstanischer NROs, wandte sich gleichzeitig gegen die immense Abhängigkeit ihrer Kollegen von ausländischen Projektgeldern. „Wir müssen Maßnahmen zur Entwicklung eines eigenen kasachischen Wohltätigkeitssystems erarbeiten.“ Damit auch einheimische Firmen das Spenden lernten, bräuchte es allerdings wirtschaftliche Stimuli.
In seiner Rede versprach der Präsident, die kasachische Zivilgesellschaft könne in Zukunft vermehrt auf staatliche Gelder zählen. 42 Millionen Tenge (knapp 250.000 Euro) seien so bereits in einen Projektfördertopf für NROs geflossen. Außerdem wolle die Regierung nichtstaatliche Organisationen in die Umsetzung und Verteilung von staatlichen Sozialleistungen einbinden.
Im Vorfeld des Bürgerforums war es zu Meinungsverschiedenheiten innerhalb der kasachischen Zivilgesellschaft gekommen. Viele Vertreter von Nichtregierungsorganisationen fürchteten eine Vereinnahmung der Zivilgesellschaft durch den Staat. Die Auswahl der Teilnehmer am Forum sei durch die lokalen Behörden in derem Sinne vorbestimmt gewesen, lautete ein häufiger Vorwurf. „Die eingeladenen internationalen Organisationen werden in Astana einen Dialog zwischen Regierungsstellen und Pro-Regierungs-NROs sehen“, sagte zum Beispiel Swetlana Posniakowa, Vertreterin einer Organisation, die sich um Jugendliche in Almaty kümmert. Die Regierung hole sich mit einem unkritischen Forum so den Persilschein für ein bereits in Vorbereitung befindliches Gesetz, dass die Freiheiten der nichtstaatlichen Organisationen noch weiter einschränken könnte.
Die Idee zu dem Forum war nach einer ähnlichen Veranstaltung in Russland im November 2001 entstanden. Wie jetzt in Kasachstan, klafften damals auch innerhalb der russischen Zivilgesellschaft die Meinungen über die eigentlichen Ziele der Regierung in Moskau weit auseinander.
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