St. Petersburg. Der angedrohte Streik der russischen Fluglotsen konnte im letzten Moment verhindert werden. Die Föderation der Fluglotsen-Gewerkschaften hatte Lohnerhöhungen um das Doppelte und die Verlängerung des Kollektivvertrages gefordert. Andernfalls sollte am Mittwoch ein unbefristeter Streik beginnen. Nach einer zweitägigen Sitzung der Schlichtungskommission wurde den Lotsen am Dienstag die teilweise Erfüllung ihrer Forderungen zugesichert.
Der Konflikt zwischen den Lotsen und ihrem Arbeitsgeber, der Korporation zur Regelung de Flugverkehrs, gärt bereits seit Herbst letzten Jahres. Die Gewerkschaften befürchteten, die anstehende Reform der Korporation würde zur Aufkündigung des Kollektivvertrages und in Folge zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Flugregler führen.
Um den Lotsen entgegenzukommen und die heranreifende Protestaktion zu verhindern, hatte es in diesem Jahr bereits zwei Mal Lohnerhöhungen gegeben, alles in allem über 50 Prozent.. Über die Höhe der Löhne scheint aber keine Einigkeit zu herrschen. Während die Arbeitgeber argumentieren, ein Lotse würde eh 19.000 Rubel verdienen (ca. 560 Euro, für russische Verhältnisse kein schlechtes Gehalt), nannten die Gewerkschaften die Ziffer 11.000.
Streiks sind im russischen Verkehrswesen per Gesetz verboten. Doch gibt es „weichere“ Formen de Protests, die durchaus erlaubt sind. So kann ein Lotse sich einfach genau an die Arbeitsvorschriften halten und damit bereits den ganzen Ablauf des Luftverkehrs lahm legen. Vorgeschrieben ist ein Arbeitstag von acht Stunden mit Pausen von 20 Minuten alle zwei Stunden. Daran hält sich niemand – der Arbeitstag dauert in der Regel neun bis zehn Stunden, und die Pausen werden nicht eingehalten. Eine weitere Möglichkeit der Arbeitsverweigerung ist der Hungerstreik. Der Lotse kommt zur Arbeit, muss aber nach wenigen Tagen krankgeschrieben werden.
Wäre es zu dem Streik gekommen, hätte nach Angaben der Gewerkschaften etwa die Hälfte aller Lotsen daran teilgenommen. Moskau und St. Petersburg wären nicht unmittelbar betroffen gewesen, weil die Flughäfen dort ihre eigenen Dienste zur Regelung des Flugverkehrs haben. Der finanzielle Schaden eines einzigen Streiktages beläuft sich auf ca. fünf Millionen Dollar.
Im Endeffekt kam es im letzten Moment zu einer Einigung, und die Streikgefahr ist erst einmal vorbei. Den Lotsen wurde die Verlängerung des Kollektivvertrags auch nach der Umstrukturierung der Korporation zur Regelung des Flugverkehrs zugesichert. Eine Lohnerhöhung gibt es vorerst nicht, versprochen wurde allerdings, dass in Zukunft alle Arbeitsvorschriften strengstens eingehalten würden.
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