St. Petersburg. Auf den ersten Blick sieht das Verhalten der Witwe des berühmten Bürgerrechtlers Andrej Sacharow paradox aus. Da will die Moskauer Stadtregierung dem unermüdlichen Kämpfer für Demokratie und Rechtsstaat ein Denkmal setzen – und Bonner ist nicht nur einfach dagegen, sondern verschickt auch noch Briefe mit der Aufforderung, „keinen Rubel, keine Kopeke“ für diese Aktion zu spenden, die ihrer Meinung nach nur ein weiteres Mal die Profilierungssucht der Moskauer Beamtenelite schürt.
Die Entscheidung, Sacharow ein Denkmal zu setzen, fällte der Moskauer Stadtrat noch im fernen Jahre 1991, ein Jahr nach dem Tod des Friedensnobelpreisträgers. Dann passierte jahrelang nichts mehr. Nun wurde die Idee wieder ausgegraben. Ljubow Schwezowa, erste Stellvertreterin von Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow, ließ verlauten, dass ein Fonds zum Sammeln von Spenden eingerichtet und ein Wettbewerb um den besten Entwurf zu dem Monument ausgerufen werde.
So weit, so gut. Wenn da nicht Jelena Bonner wäre, die diesen Plänen absolut feindlich gegenübersteht. In einem offenen Brief bringt sie ihre Anti-Haltung unverblümt zum Ausdruck: „Das heutige Russland, in dem ein Drittel der Bürger jenseits der Armutsgrenze lebt; Russland, das einen blutigen Krieg führt, in dem Tausende seiner Soldaten und Zehntausende von friedlichen Bürgern Tschetscheniens ums Leben kommen – dieses Russland ist ein schreiender Gegensatz zu der Idee, Sacharow ein Denkmal zu setzen.“
Die Initiative zur Verewigung Sacharows bezeichnet Bonner als „politische Spekulation“ und „schmutziges Vorhaben“, das nur dazu angezettelt werde, um „unter dem Deckmantel der Verschönerung unserer historisch herrlichen Stadt die eigenen Taschen aufzufüllen“.
(sb/rUFO) |