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11-08-2002 Panorama |
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Türkische Propaganda, Klimakatastrophe oder Weltuntergang
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Von Gisbert Mrozek, Moskau. Daran können sich auch Alteingesessene nicht erinnern. An der romantisch-sonnigen russischen Kaukasusküste bei Noworossijsk sind Wirbelstürme und Eisregen im Frühsommer nicht ganz unüblich. Aber eine Windhose von 200 Meter Durchmesser und 3 km Höhe hatte noch niemand gesehen. Und auch nicht sintflutartige Sturzregen, die ganze Dörfer und Ferienlager wegrissen. Die die malerischen Berge und Buchten im Weinanbaugebiet Abrao-Djurso verwüsteten.
Ob Rettungstaucher in dem Reisebus und den sieben Autos, die in der aufgewühlten trüben Bucht vor dem Ferienort Schirokaja Balka liegen, noch mehr tote Urlauber finden werden, war am Sonntagnachmittag noch unklar. Die Fahrzeuge konnten noch nicht geborgen werden. Die Liste von mittlerweile schon 58 Opfern der Naturkatastrophe ist also noch nicht abgeschlossen. Aber das Gebiet um Noworossijsk, den wichtigsten russische Schwarzmeerhafen, ist mit einem blauen Auge davongekommen: Ölterminals und Pipelines wurden nicht zerstört. Zwei von drei defekten Staudämmen hielten. Züge verkehren wieder.
Die am Wochenende befürchteten neuen Regenfälle blieben aus. Die Sonne schien wieder. Sturmwarnung wurde aufgehoben. Während Rettungstrupps noch die Ruinen durchsuchten, richteten sich Urlauber schon wieder scharenweise am Strand ein. Im Gebiet Noworossijsk standen aber noch 12.000 Häuser unter Wasser. Obdachlose wurden von Feldküchen versorgt. Nach Krisensitzungen bei Putin im Kreml und Regierungschef Kassjanow in dessen Ferienort Sotschi sollten die Rettungs- und Bergungstrupps verstärkt werden.
Die Katastrophe begann am Mittwoch mit Sturzregen, die im Westen des Kaukaus in Dagestan Erdrutsche auslösten, die die Stadt Buinaksk bedrohten. Kurz vor dem beliebtesten russischen Kurort Sotschi wurde die Eisenbahnlinie an der Küste auf einer Strecke von 300 m blockiert.
Am Donnerstag und Freitag suchten Regen und Wirbelstürme besonders das Gebiet von Noworossijsk und Abrao-Djurso heim. Die Siedlung Schirokaja Balka wurde ganz zerstört. Unklar war das Schicksal von 100 Urlaubern in den Ferienhäuschen am Strand. Ein Zeltlager, in dem vermutlich etwa 300 Menschen campten, wurde weggespült. Ein kleinerer Staudamm brach. Rettungsarbeiten wurden dadurch erschwert, dass auch Strom- und Telefonleitungen unterbrochen waren. In der Hafenstadt Noworossijsk verwandelten sich die Strassen in reissende Gebirgsbäche. Die Stadtverwaltung stand unter Wasser. 90 Wohnhäuser wurden zerstört.
Aber glücklicherweise wurden Öl-Pipelines und –Terminals nur leicht beschädigt. Der altersschwache Staudamm von Abrao-Djurso, hinter dem 6 Millionen Tonnen Wasser aufgestaut sind, lief zwar stellenweise über, hielt aber.
Die Strassen und Eisenbahnverbindung über die Berge nach Noworossijsk war durch Erdrutsche unterbrochen. Sie konnte erst am Samstag wieder hergestellt werden.
Am Sonntag gaben die Behörden die Schäden mit etwa 12.000 Häusern an, die vom Wasser überflutet wurden. 379 sind völlig zerstört, 1.823 ernsthaft beschädigt.
Moskauer Reiseunternehmen beschuldigten derweil die Medien, die Gefahren aufzubauschen. Das türkische Tourismus-Ministerium finanziere diese Berichterstattung, um die türkischen Ferienorte attraktiver für gut zahlende russische Touristen zu machen. Das russische Staatsfernsehen RTR wies die Vorwürfe zurück.
(rUFO/gim) |
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