|
09-07-2002 Panorama |
|
|
Verkehrte Welt, tцdliche Vorurteile
|
|
|
Von Gisbert Mrozek, Moskau. Die Schweizer haben versagt und geschlampt, wдhrend an Bord der russischen Tupolew die Bordgerдte bestens funktionierten und der Pilot keinen Fehler machte - bis auf einen, verhдngnisvollen: Er glaubte den schweizer Lotsen mehr als den eigenen Gerдten. Schцn wдrs, wenn aus der Tragцdie ьber dem Bodensee wenigstens die richtigen Konsequenzen gezogen wьrden: Abschied von westeuropдischer Arroganz und von russischen Minderwertigkeitskomplexen. Abschied von Klischees, die tцdliche Folgen haben kцnnen. Das ergibt die Auswertung der Flugschreiber.
Eine Minute vor der Kollision warnte das Bordgerät (TCAS) der Tupolew vor der herannahenden Boeing. 45 Sekunden vorher empfahl TCAS, nach oben auszuweichen. Gleichzeitig schlug das Boeing-Warnsystem vor, nach unten zu gehen. Eine Sekunde später gab der Skyguide-Lotse der Tupolew den Befehl, in den Sinkflug zu gehen, ohne zu beachten, dass die Boeing ebenfalls dorthin flog. 14 Sekunden später wiederholte der Lotse den Befehl. Die Tupolew führte aus.
Eine solche tragische Verkettung von Fehlern und Mängeln gibt es wohl selten. Im Tower von Zürich waren nicht nur die automatischen Kollisionswarnsysteme abgeschaltet, sondern auch die Telefonleitungen. Der Münchener Tower, der die heraufziehende Gefahr erkannt hatte, versuchte darum vergeblich in Zürich anzurufen.
Der einzige dort Dienst habende Fluglotse, der fünf Flugzeuge zugleich auf dem Monitor hatte, versuchte zu diesem Zeitpunkt gerade auf der einzigen intakten Linie, selbst in Friedrichshafen anzurufen, um ein dort landendes Flugzeug an den dortigen Tower abzugeben, um sich selbst auf die Tupolew konzentrieren zu können. Es gelang im aber nicht. Er verlor nur kostbare Zeit.
Vielleicht war dies ein Grund für die falschen Anweisungen.
Er selbst hatte die Boeing erst wenige Minuten vorher überhaupt auf die kritische Flughöhe gebracht, ohne dabei zu beachten, dass sich die Tupolew im selben Korridor befand.
Es scheint fast, als bewahrheiteten sich die ewigen Warnungen der Fluglostengewerkschaften, dass die Tower-Besatzungen nicht allzusehr ausgedünnt und überlastet werden dürfen, ohne die Sicherheit in der Luft aufs Spiel zu setzen.
Warum Pilot Alexander Gross dem falschen Befehl des Towers mehr glaubte, als den eigenen Geräten, können wir bisher nur vermuten. Es mag daran liegen, dass nach der russischen Betriebsphilosophie immer der Mensch höher rangiert als die Technik, die öfter Fehler macht, als ein guter Fachmann. |
|
© rUFO
Weitere Nutzung im Internet oder Veröffentlichung auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion und mit Quellenangabe www.aktuell.RU
www.aktuell.RU ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.
|
|
|