St. Petersburg. Mit dem Spiel Zenit gegen Torpedo ging am Montag Abend der 23. Spieltag der russischen Fußball-Premierliga zu Ende. Während an der Tabellenspitze alles beim Alten bleibt, kommt an deren Ende Bewegung auf. Sieben Spiele vor Saisonschluss sind sieben Clubs abstiegsgefährdet.
Zenit bewies vor heimischer Kulisse ein weiteres Mal seine aller ernsthaftesten Ansprüche auf den Meistertitel und servierte Torpedo Moskau, einen weiteren Anwärter auf die Medaillenplätze, mit einem sehr überzeugenden 3:1 ab. Den Bericht dazu sowie die Gesamttabelle finden Sie in unserem Zenit-Special.
ZSKA, Zenits größter Konkurrent im Kampf um den Titel, holte sich ebenfalls einen sicheren Sieg. In Wladikawkas rupfte der Armeeclub Alanija ganz gehörig. Das Spiel ging 4:1 für die Gäste aus Moskau aus und war nicht gerade schön anzusehen, allzu groß war doch der Klassenunterschied zwischen den beiden Teams.
Alanija durchlebt ganz finstere Zeiten
Den armen Fans von Alanija blieb schließlich nichts anderes übrig, als „Zenit ist Champion!“ zu skandieren. Damit wollten sie ZSKA wohl ärgern, aber auch das half nichts. Der neue brasilianische Legionär der Moskauer mit dem exotischen Namen Wagner Love drehte voll auf und schoss gleich zwei Tore, womit er in bisher vier Einsätzen bereits sieben Mal (!) erfolgreich war!
Alanija liegt im Moment völlig danieder. Nach dem Terroranschlag in Beslan hat sich der Hauptsponsor des Clubs zurückgezogen, weil er sich angesichts der aktuellen Ereignisse mehr um Sozialprojekte kümmern will als um den Fußball. Gespräche mit neuen Geldgebern sind zwar in Gange, aber alles ist noch unklar.
Dazu kommt die Unsicherheit mit dem Trainer. Roland Courbis ist zwar (entgegen so mancher Meldung in der Presse, er sei nach der Geiselnahme im nur wenige Kilometer entfernten Beslan vor Angst geflohen) Trainer geblieben, befindet sich aber wegen seiner schwerkranken Mutter fast ständig in Frankreich und kann sich somit nicht um seine Kicker kümmern. Ob er auf Dauer bleiben wird, steht in den Sternen. All diese Unsicherheitsfaktoren haben Alanija in immense Abstiegsgefahr manövriert.
Loko und die Flügelchen machen schlapp
Auch in der Führungsgruppe gibt es Anzeichen für Schlappheit. Lokomotive Moskau und Krylja Sowetow aus Samara müssen gehörig aufpassen, wollen sie auch weiterhin mitreden beim Verteilen der Lorbeeren. Loko bescherte durch einen oberdämlichen Torwartfehler dem bisher hoffnungslosen Tabellenletzten Rotor einen unverhofften Sieg.
In der 91. Minute ließ Sergej Owtschinnikow, seines Zeichens Nationaltorhüter, den bereits gefangenen Ball wieder los. Rotors Stürmer Spartak Ognijew ließ sich das Vergnügen natürlich nicht nehmen, die Kugel daraufhin ins völlig leere Tor zu befördern. Rotor hat damit den zweiten Sieg in Folge geholt und braucht jetzt „nur“ noch sechs Punkte, um an den Vorletzten in der Tabelle anzuschließen.
Krylja Sowetow ist offensichtlich in eine Pechsträhne geraten. Schon das dritte Spiel in Folge ging verloren, zwei davon zu Hause in Samara. Die Fans scheinen an ihren Club auch nicht mehr zu glauben, denn als Schinnik aus Jaroslawl das 2:0 schoss, setzte eine Massenflucht aus dem Stadion ein. Erst als die Flügelchen den Anschlusstreffer erzielten, hörte die vorzeitige Völker-Abwanderung auf.
Eigentlich bekannt als die treuesten Anhänger im Lande, macht solch ein Verhalten den Samaraer Fußballfreunden nicht viel Ehre. Schinnik kann dagegen den sechsten Sieg in Folge verbuchen und sich über einen noch verbesserungsfähigen sechsten Tabellenplatz freuen.
Dynamo berappelt sich langsam, aber sicher
Dynamo Moskau scheint die Kurve doch noch zu kriegen. Mit 3:1 gegen Amkar Perm hieven sie sich hoch auf den 13. Platz. Damit sind sie zwar immer noch abstiegsgefährdet, aber die Tendenz zum Klassenerhalt ist dennoch positiv. Maxim Romanstschenko schoss in der letzten Viertelstunde alle drei Tore, nachdem Amkar in der 18. Minute durch Elfmeter in Führung gegangen war.
Sicherheit gibt den Moskauern auch das Auftauchen von Ex-Spartak- und Ex-National-Trainer Oleg Romanzew. Offiziell ist er zum „Trainerberater“ berufen worden, aber es gibt Gerüchte, die ihn als Nachfolger des amtierenden Coachs Viktor Bondarenko handeln. Auch mit den Finanzen ist alles in Ordnung. Der bisherige Großsponsor Fedcom hat unlängst das Hauptaktienpaket (51 Prozent) des Clubs erworben, was frischen Wind in den etwas eingerosteten Mechanismus bringen sollte.
Zwei von sieben fliegen raus
Die restlichen Begegnungen gingen folgendermaßen aus: Spartak besiegte Rubin mit 2:0, Rostow verlor gegen Saturn 1:2; die Begegnung Kuban-Moskwa ging 0:0 aus. Damit konnte keiner der Abstiegskandidaten (außer, wie geschildert, Rotor und Dynamo) seine Lage verbessern.
Am Rande des Rauswurfs in die Erste Liga stehen gleich sieben Clubs, von denen aber nur zwei im Endeffekt die Premierliga verlassen müssen. Unter den Gefährdeten sind auch Amkar und Kuban, die erst in dieser Saison aufgestiegen sind. Und leider auch Rubin, in der letzten Saison noch Bronzemedaillengewinner in der Meisterschaft. (sb/.rufo)
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