St. Petersburg. Mit einwöchiger Verspätung kommentierte die russische Regierung am Donnerstag die monumentalen Pläne von George Bush zur weiteren Eroberung des Weltraums. Vizepremier Boris Aljoschin spricht den Gedankenflügen des amerikanischen Präsidenten zu Mond und Mars jedwede Originalität ab und verbucht sie schlicht auf das Konto „Wahlagitation“.
Laut „Wremja Nowostej“ ließ Aljoschin verlauten, in technischer Hinsicht sei der Bau von bemannten Stationen auf dem Mond und dem Mars auch für Russland kein großes Problem. Die russische Regierung halte dies aber in der gegenwärtigen Situation für wenig zweckmäßig.
„Aber auch wir haben große Ambitionen“, sagte Aljoschin. Dazu zählt er u.a. die Beteiligung Russlands an der Raumstation ISS, die Entwicklung von neuen Raketen durch russische Wissenschaftler und die Suche nach neuen Startplätzen in Französisch Guyana oder Brasilien. Die im letzten Jahr verwirklichten 21 Starts in den Weltraum seien ein Ergebnis, um das Russland viele Länder der Welt beneideten.
Derweil treten die führenden Weltraumunternehmen des Landes mit ihren neuesten Errungenschaften an die Öffentlichkeit. Wie „Wremja Nowostjej“ vermutet, soll damit das Interesse ausländischer Experten geweckt werden, denen Bush in seiner Rede über die grandiosen Pläne Amerikas im Kosmos einen wahren Dollarregen versprochen hatte.
So stellte Erik Galimow, Mitglied der Akademie der Wissenschaften Russlands, kürzlich ein Projekt zum Transport von Mars-Bodenproben zur Erde vor. Kostenpunkt: lächerliche 25 Millionen Dollar. Am Mittwoch trat Nikolai Amfilow, Generaldirektor des Zentralen Instituts für Maschinenbau, mit der Neuigkeit hervor, seine Spezialisten hätten bereits die Frage nach den passenden Antriebsmechanismen für einen bemannten Marsflug gelöst.
Das Ausland hält sich bedeckt und reagierte bisher nicht auf diese deutlichen Winke. Selbst Vizepremier Aljoschin musste am Mittwoch zugeben, dass die USA bis jetzt keine Vorschläge hinsichtlich neuer gemeinsamer Weltraum-Projekte mit Russland unterbreitet hätten. Kein Wunder, dass er aus seinem Ärger heraus versucht, Bushs Visionen als pure Wahlagitation im Vorfeld der amerikanischen Präsidentschaftswahlen abzutun.
(sb/.rufo)
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