St. Petersburg. Nach dem Mord an einem Aserbaidscher durch eine Gruppe Skinheads hat die Petersburger Polizei über 100 Verdächtige vorübergehend verhaftet. Etwa 20 bis 30 Jugendliche hatten am Freitagabend den Melonenhändler auf offener Straße totgeschlagen – und die Tat selbst auf Video gefilmt. Dank dieses Beweismaterials hofft die Polizei, die Schuld der einzelnen Totschläger exakt beweisen zu können.
Die Leiche des 53 Jahre alten Mamed Mamedow wurde am Montag nach Aserbaidschan überführt. Der achtfache Vater war am Freitag Opfer eines brutalen Überfalls einer Skinhead-Gruppe geworden: An seinem Melonen-Verkaufsstand am Prospekt Aviakonstruktorow war er von den etwa 16 bis 21 Jahre alten Tätern mit Eisenstangen und Fußtritten malträtiert worden. Als die von Augenzeugen alarmierte Polizei eintraf, war Mamedow bereits tot.
Gudsi Osmanow, der Honorarkonsul Aserbaidschans in St. Petersburg, lobte ausdrücklich die Fahndungsarbeit der Polizei nach der schockierenden Tat. Bei einem der Verdächtigen fanden die Ermittler eine Videokamera mit einer Aufzeichnung des Geschehens. Der Verhaftete berichtete, dass eine aus etwa 50 Schülern bestehende Skinhead-Gruppe am Freitagabend ein Wohnheim ausländischer Studenten im Primorski Rayon stürmen wollte. Die durch das Stadtviertel marschierende Horde wurde aber von der Polizei aufgehalten und zerstreut. Eine Gruppe habe sich dann am Prospekt Aviakonstruktorow wieder gesammelt und sei über den Obststand hergefallen, an dem - wie zu dieser Jahreszeit fast an jeder Straßenecke Petersburgs - von eigens aus dem Süden angereisten Händlern Melonen verkauft werden. Alle anderen aserbaidschanischen Händler in dem Gebiet hätten sich vor den marodierenden Skinheads rechtzeitig in Sicherheit bringen können, so der Leiter der Petersburger Kriminalpolizei.
Von den nach unterschiedlichen Angaben 104 bis 120 Verhafteten wurden 31 nur unter Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Sie werden als Tatbeteiligte verdächtigt. Gegen drei mutmaßliche Haupttäter ergingen Haftbefehle. Angeblich hat sich die Skinhead-Bande das Ziel gesetzt, alle aserbaischanischen Händler aus dem Stadtteil zu verjagen. Am Samstag war ein weiterer aserbaidschanischer Unternehmer in dem Viertel von kurzgeschorenen Jugendlichen überfallen und niedergeschlagen worden.
Die Behörden wollen bisher aber nicht bestätigen, dass zwischen beiden Taten ein Zusammenhang besteht. Noch am Wochenende hatte das Innenministerium verlauten lassen, dass hinter dem Mord an dem Melonenhändler eher „persönliche Gründe“ gestanden hätten und es weder einen Aufmarsch von Skinheads noch eine Videokamera gegeben habe, mit der die Tat gefilmt worden sei.
(ld/rUFO) |