St. Petersburg. Lügenbaron von Münchhausen ist tatsächlich in der Hauptstadt des russischen Kaiserreiches gewesen, was seit wenigen Tagen nicht nur sein schriftstellerisches Werk belegt (s. Zitat oben). In Kaliningrad entwich dem Staub der Archive unlängst ein Brief des späteren russischen Kaisers Paul I., in dem er dem legendären Reisenden einen Beraterposten „in europäischen Angelegenheiten“ anbietet und ihn zugleich mit dem Anna-Orden „für tadellose Dienste in der russischen Armee“ auszeichnet. Leider kam der Brief niemals bei seinem Adressaten an. Und das kam so...
Bei der Präsentation von Brief und Orden im Deutsch-Russischen Haus in Kaliningrad lieferte der Vorsitzende des Clubs „Münchhausens Enkel“, Alexander Sacharow, folgende Erklärung für die nicht eingetretene Wende in Münchhausens auch ohnehin abenteuerlichem Leben: Der Kurier, der dem Baron des Kaisers Sendschreiben überbringen sollte, machte auf dem Weg nach Bodenwerder in Königsberg halt, betrank sich drei Tage lang mit Schnaps, fiel von der Brücke in den Fluss Pregel, erkältete sich und starb. Am 16. November 1773 hatte gar eine deutsche Zeitung darüber berichtet.
Die Tasche mit den Dokumenten und dem Brief wurde nach diesem Unglück an den Königsberger Magistrat übergeben, in dessen Archiv sie wohlbehalten zweieinhalb Jahrhunderte überdauerten, um nun erneut an das Licht der Öffentlichkeit zu treten. Den Säbel mit daran befestigtem Anna-Orden fischten von den Münchhausen-Enthusiasten engagierte Taucher erst kürzlich aus den trüben Wassern des Pregel.
Die Mitglieder des Kaliningrader Münchhausen-Clubs sind der festen Überzeugung: Die Geschichte Europas und der Welt sähe heute anders aus, hätte Baron von Münchhausen diesen Brief des damals 19jährigen Sohnes von Katharina der Großen und künftigen Thronerbens erhalten. Zumindest wäre es zu einer deutlichen Annäherung zwischen Deutschland und Russland gekommen. Allein – die Trunksucht machte alles zunichte.
Angenähert haben sich jedoch die Bürger der Städte Bodenwerder und Kaliningrad. In erster wurde Münchhausen geboren, in zweiter trank er einst am Stadttor auf der Durchreise nach St. Petersburg ein Bier und ließ es unbezahlt. Im Mai dieses Jahres reiste eine Delegation aus Bodenwerder an und beglich die alte Rechnung mit einem Taler. Und schlug zugleich vor, eine Touristenroute auf den Spuren von Münchhausen auszuarbeiten.
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Eine Haltestelle auf der Route soll das Kaliningrader Ozean-Museum werden, in dem der unlängst präparierte Pottwal zu bestaunen ist, der Münchhausen einst verschluckte. Ein Wirtshaus bei Riga steht auch auf der Liste. Und in Petersburg ließen sich ganz sicher gleich mehrere Orte finden, die sich an Münchhausens Anwesenheit erinnern.
Zumindest sein ungestümer Einzug in die Stadt ging im fernen 18. Jahrhundert nicht unbemerkt vonstatten: „... und dann galoppierten wir an den ersten Häusern einer großen Stadt vorbei. Das war St. Petersburg, und die Leute auf den Straßen staunten nicht schlecht. Denn einen Wolf, der einen Schlitten zog, hatten sie noch nicht gesehen!"
(sb/.rufo)
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