St. Petersburg. Der Wassermangel im Gebiet von Wladiwostok hat eine neue Sorte von Verbrechen geboren: das Abzapfen von heißen Wasser aus den kommunalen Zentralheizungssystemen. Sollte der massenhafte Warmwasserdiebstahl nicht aufhören, könnten die Bewohner der Krisenregion nach dem fließenden Wasser auch noch die Wärme in ihren Wohnungen verlieren, warnen die Energieversorger.
Die Behörden der vom Wassermangel besonders betroffenen Städte Wladiwostok und Artjom hatten dieser Tage verfügt, die zentrale Warmwasserversorgung komplett abzuschalten. Auf diese Weise sollen die wegen eines sehr trockenen Jahres beschränkten Wasservorräte der Region effektiver ausgenutzt werden. Seit September bekommen die Bewohner von Wladiwostok in ihren Wohnungen nur jeden zweiten Tag für einige Stunden Wasser.
Als Reaktion darauf rufen die Bewohner der Krisenregion zunehmend „Untergrund-Klempner“ zu Hilfe, die an den Heizkörpern Wasserhähne montieren. Nach Angaben von „Teplosbit“, des Energieversorgers von Artjom, wurden auf diese Weise im Oktober 5.000 von 25.000 Gigakalorien Heizenergie gestohlen. Der regionale Energieversorger „Dalenergo“ warnte bereits, dass seine Wasservorräte ebenfalls beschränkt seien und nicht unbegrenzt Wasser in die Heizungen eingespeist werden könne. Wenn der Diebstahl nicht aufhöre, würde das zu einer Abschaltung der Fernwärmesysteme führen.
Gemeinsam mit der Polizei wurde in Artjom von Behörden und Heizungsbetreibern eine Sonderkommission eingesetzt, die nun Betriebe und Haushalte auf illegale Eingriffe ins Heizungsnetz überprüfen soll. Überführte Warmwasserdiebe sollen bestraft werden.
Für die geplagten Bewohner der Provinz Primorje wäre ein Zusammenbruch des Heizungssystems nichts Neues: In den letzten Jahren war es dort wegen Missmanagements, politischer Intrigen und aufgehäufter Schulden immer wieder zu Engpässen bei der Energieversorgung gekommen. Aber kaum gab es wieder eingermaßen zuverlässig Strom und Wärme, wurde nun das Wasser knapp.
In Wladiwostok und Umgebung ist vor einer Woche wegen des Wassermangels der Notstand ausgerufen worden. Die meisten Verbraucher in der auf einer schmalen Halbinsel im Pazifik gelegenen Hafenstadt werden aus einigen Stauseen mit Wasser versorgt. Da im letzten Winter jedoch wenig Schnee fiel und die im Sommer üblichen starken Monsunregen ausblieben, ist der Wasserspiegel in den Reservoirs auf ein Drittel der üblichen Höhe gesunken. Wenn es keine wesentlichen Niederschläge gibt, könnte die 700.000 Einwohner zählende Stadt im Februar ganz ohne Wasser sein, warnte vor kurzem ihr Bürgermeister Juri Kopylow.
Nachdem die Warmwasserversorgung inzwischen komplett abgeschaltet ist, wollen die Behörden die Verteilung der wertvollen Flüssigkeit neu gestalten. Statt der nötigen 450.000 Kubikmeter erhielt Wladiwostok zuletzt nur noch 250.000 Kubikmeter. Als neue Tagesnorm wurden 315.000 Kubikmeter festgelegt. Die Behörden machten den Menschen deshalb Hoffnung, dass dank des Verzichtes auf Warmwasser wenigstens wieder jeden Tag für einige Zeit kaltes Wasser aus dem Leitungen fließen wird. Und anders als die Rostbrühe aus den Heizkörpern sollte dies auch genießbar sein.
(ld/.rufo)
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