Moskau. Die Ausstellung Moskau-Berlin durchläuft vor ihrer Eröffnung am 2. April in der russischen Hauptstadt einige Veränderungen. Der Kurator Viktor Misiano sprach mit Stephanie Prochnow über die Verlegung der Schau in das Historische Museum und darüber, warum die russischen Kuratoren vieles ändern wollten und doch nicht konnten.
www.aktuell.ru: Was wird es zu sehen geben, wenn die Ausstellung „Moskau-Berlin“ eröffnet?
Misiano: Im Prinzip nichts Neues für deutsche Kunstliebhaber, weil es sich um die Moskauer Version der Ausstellung handelt, die ihnen bereits durch die Präsentation in Berlin gut bekannt ist. Aber es wird eine Version, keine Kopie. Dafür spricht schon die Tatsache, dass sie in einem anderen Ausstellungsraum stattfindet. Es sind nicht die Säle des Martin-Gropius-Baus sondern die des Moskauer Staatlichen Historischen Museums.
www.aktuell.ru: Wieso wird die Ausstellung dort stattfinden und nicht wie ursprünglich vorgesehen in der Tretjakow Galerie?
Misiano: Das Museum wurde von uns deswegen gewählt, weil es den Sälen des Martin-Gropius-Baus am meisten ähnelt. Außerdem ist es eines der besten Museen Moskaus. Auch technologisch gesehen, denn vor kurzem wurden dort langjährige Renovierungsarbeiten beendet. Wie uns gesagt wurde, verfügt die Tretjakow Galerie nicht über ausreichend Stromressourcen. Das heißt, dass die Technik es dort zum Beispiel nicht zulässt, viel Videokunst zu zeigen.
Wir können die Ausstellung nicht radikal ändern
www.aktuell.ru: Inwiefern spielten Prestigegründe eine Rolle?
Misiano: Selbstverständlich ist es sehr wichtig, dass die Ausstellung in den Sälen läuft, dessen Fenster auf den Roten Platz hinausgehen. Das ein Maximum an Prestige, dass der modernen Kunst angeboten werden kann. Und es ist auch sehr wichtig dass Putin und Schröder – die, wie wir hoffen, unsere Ausstellung besuchen werden – nur zwanzig Schritte vom Kreml machen brauchen. Ich glaube, für das Kulturministerium war dieser Umstand ausschlaggebend.
www.aktuell.ru: Im Historischen Museum gibt es aber weniger Räume als die Tretjakow Galerie.
Misiano: Ja gut, das ist ein Problem, dass die Moskauer Ausstellung etwas kleiner ausfallen wird, als die deutsche. Aber es ist gelungen, den größten Teil der Werke einzuschließen. Leider konnten eine Reihe von Werken deutscher Künstler nicht nach Moskau gebracht werden. Nicht alle Besitzer haben ihre Kunstwerke für beide Ausstellungen zur Verfügung gestellt. Aber das kommt oft vor. Wir haben dafür in die Ausstellung eine Reihe von russischen Kunstwerken eingeschlossen, die in Deutschland nicht gezeigt wurden.
www.aktuell.ru: Was ändert sich an der Struktur der Ausstellung?
Misiano: Im Unterschied zur deutschen Ausstellung wird die Ausstellung hier chronologisch aufgebaut. Wir können die Ausstellung nicht radikal ändern. Das Minimum, was wir machen können ist, die Ausstellung in der historischen Reihenfolge zu zeigen.
www.aktuell.ru: In Berlin wurde die Ausstellung kritisiert, weil DDR-Kunst kaum vertreten war. Wird sich das in Moskau ändern?
Misiano: Ich kann mich dieser Kritik nur anschließen. Für mich wäre es wichtig, mehr DDR-Kunst zu zeigen. Aber es gab eine ganz klare Rollenverteilung: Die deutschen Kollegen trugen meist die Verantwortung für die Präsentation der deutschen Kunst und umgekehrt. Natürlich machen wir bei der Zusammenstellung der Moskauer Ausstellung den Versuch, mehr DDR-Kunst vorzustellen. Aber wir sind keine Fachleute der deutschen Kunst und wir hatten leider nicht so viel Zeit bei der Vorbereitung der Moskauer Ausstellung. Wir werden deshalb prinzipiell dem von den deutschen Kollegen vorgeschlagenen Proporz folgen.
Zu wenig Zeit für die Vorbereitung
www.aktuell.ru: Was hätten sie sonst noch verändern wollen?
Misiano: Es tut mir leid, dass die zweite Ausstellung Berlin-Moskau so großen Wert auf die bildende Kunst legte. Auf der ersten Ausstellung wurden Kino, Theater, Literatur und Architektur gezeigt. Sie war synthetisch, sie war interdisziplinär. Das war etwas, wofür wir russischen Kuratoren kämpften. Aber der Hauptkurator der deutschen Ausstellung, Jürgen Harten, war dagegen.
www.aktuell.ru: Die Ausstellung konzentriert sich also auch in Moskau nur auf die bildende Kunst?
Misiano: Aber wir haben bei uns zumindest das Kino eingeschlossen. Es werden Filme beispielsweise von Fassbinder und Tarkowski gezeigt. An drei Stellen werden neben den Gemälden Bildschirme stehen. Möglicherweise werden wir auch die Architektur einschließen. Aber im Großen und Ganzen ist die Ausstellung nicht interdisziplinär. Das ist schade. Was sie in Moskau sehen werden, ist das Resultat eines Kompromisses mit den deutschen Kollegen. Wir haben wir uns diese Ausstellung ganz anders vorgestellt.
www.aktuell.ru: In Deutschland hat die Ausstellung fünf Millionen Euro gekostet. Wie teuer wird die russische Variante?
Misiano: Das russische Kulturministerium stellt ungefähr die gleiche Summe. Wahrscheinlich ein bisschen weniger. Es ist eine sehr teure Ausstellung. Im Vergleich zum ersten Teil der Ausstellung ‚Moskau-Berlin’ 1995 die hauptsächlich auf deutsche Kosten entstand, sind die finanziellen Belastungen jetzt paritätisch aufgeteilt. |