St. Petersburg. Mitten im sich in die Länge ziehenden Petersburger Sommerloch ist auch die Rückkehr mittelmäßiger Kunstwerke aus dem Ausland schon ein Ereignis. In der Ermitage herrschte jedenfalls Jubel und waren pathetische Worte zu hören, als Kulturminister Michail Schwydkoi am Dienstag vier Bilder und eine Regimentsfahne überreichte. Die Gemälde sind eher drittklassig, die Standarte hat indessen einen interessanten Lebenslauf.
Das Grenadierregiment der kaiserlichen Leibgarde hatte seine neue Fahne 1856 aus der Hand von Zar Alexander II. entgegengenommen. Im Folgenden war sie im russisch-türkischen Krieg von 1877-1878, im Ersten Weltkrieg und schließlich im Bürgerkrieg auf der Seite der Weißen dabei. Vor den Bolschewiki zurückweichende Offiziere vergruben sie in Kiew, entgingen dem Standgericht der Roten und zogen schließlich mitsamt Fahne mit den abziehenden Wrangel-Truppen zur Krim und von dort in die Emigration. So kam die Standarte erst nach Paris und schließlich nach London in den Buckingham-Palast.
Die weißen Offiziere hatten bei der Übergabe nach London allerdings die Bedingung gestellt, dass die Fahne an Russland zurückzugeben sei, wenn dort das kommunistische Regime falle. Schon 1994 war Ermitage-Direktor Michail Piotrowski auf die Standarte aufmerksam geworden und hatte um die Rückgabe gebeten. Doch es vergingen noch einmal neun Jahre, bis Präsident Wladimir Putin sie im Juni dieses Jahres bei seinem offiziellen Besuch in London ausgehändigt bekam. In Kürze wird sie im Georg-Saal des Winterpalastes zu begutachten sein.
Die Geschichte der vier zurückerstatteten Bilder ist profaner. Sie waren während des Zweiten Weltkriegs von deutschen Offizieren nach Deutschland geschafft worden. Das „Bildnis Großfürstin Alexandra Pawlowna“ stand bei Sotheby´s auf der Verkaufsliste. Lord Jacob Rothschild kaufte es für 24.000 Euro und schenkte es dem russischen Staat. Wie vor dem Krieg, wird es wieder Teil der Sammlungen des Russischen Museums. Drei Aquarell-Porträts von Nikolaus II. und seiner Gattin Alexandra Fjodorowna kehren nach Zarskoje Selo zurück. Sie waren russischen Diplomaten in den USA übergeben worden.
Nach Meinung von Experten wird es in nächster Zeit immer mehr solcher Rückführungen geben. In ausländischen Privatsammlungen und Museen hängen viele Kunstwerke, die nach der Revolution aus Russland ausgeführt worden waren. Ihre rechtmäßigen Besitzer hatten nicht selten testamentarisch festgelegt, dass die Werke an Russland zurückzugeben seien, wenn dort keine Kommunisten mehr an der Macht sind.
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