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Bahnstrecke bei Chabarowsk (foto: mps.ru) |
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Dienstag, 30.09.2003
Eisenbahn: Aus der Behörde wird eine AGSt. Petersburg. In Russland wird zum 1. Oktober die Privatisierung der Eisenbahn in die Tat umgesetzt: Die Offene Aktiengesellschaft Russische Eisenbahnen (OAO RZD) nimmt formal ihre Tätigkeit auf. Am Dienstag wurde in Moskau ein Protokoll unterzeichnet, mit dem etwa 95 Prozent des Bahnvermögens vom - so wörtlich Ministerium für Gleisverbindungen auf die neue AG übertragen wurden.
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Das Betriebskapital des zunächst zu 100 Prozent in Staatsbesitz stehenden neuen Unternehmens beträgt damit 1536 Mia. Rubel (ca. 44 Mia. Euro). Beim Ministerium verbleiben vorerst die zehn Eisenbahnuniversitäten im Land, 256 von etwa 400 medizinischen Einrichtungen sowie die Aufsichtsfunktionen. Nach den Präsidentenwahlen 2004 wird das Bahnministerium dann voraussichtlich aufgelöst, erklärte unlängst Premierminister Michail Kassjanow.
Erster Chef der Bahn-AG ist der bisherige Eisenbahnminister Gennadi Fadejew (66). 2005 könnten im Rahmen der Bahnreform erste RZD-Aktien an die Börse kommen, so Vize-Bahnministerin Anna Belowa. Auch die Subventionierung des defizitären und rückläufigen Personenverkehrs durch das stetig wachsende Frachtgeschäft soll mit der Zeit aufgegeben werden. 2002 machte die russische Bahn im Passagierverkehr 54 Mia. Rubel (1,5 Mia. Euro) Verlust.
Parallel wird das bisherige Monopol der Staatsbahn für den freien Wettbewerb geöffnet. So hat die bisher nur als Gütertransporteur tätige Firma Trans-Grupp bereits für zwei Millionen Dollar einen komfortablen neuen Vorortzug angeschafft. Diese private Elektritschka soll noch vor dem Jahreswechsel auf der Strecke von Moskau nach Rjasan den Zügen der Bahngesellschaft Konkurrenz machen, berichtete die Zeitung Wedomosti. Laut TransGrupp-Generaldirektor Maxim Liksutow hat seine Firma auch einen Vertrag mit dem Twerer Waggonbauwerk über die Lieferung zweier Fernzüge unterzeichnet. Als wahrscheinlichste Destinationen für ihren Einsatz wurden die Routen zwischen Moskau und St. Petersburg oder Kasan genannt.
Die russische Eisenbahn wickelt auf 85.500 Kilometer Gleisstrecke (genau die Hälfte davon ist elektrifiziert) 85 Prozent der Gütertransporte und 39 Prozent des Personenfernverkehrs ab. Nach den USA ist dies das zweitgrößte Bahnnetz der Welt.
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Die Infrastruktur soll bei der Bahnreform unter einem Firmendach vereint bleiben: Gleise, Energieversorgung, Kommunikationskanäle, Stellwerke, Lokomotiven und das Verkaufssystem bleiben auf lange Sicht in der Hand von RZD. Nicht zum Kerngeschäft gehörende Unternehmensteile wie Werkstätten, Baubetriebe oder Sanatorien plant man jedoch schrittweise zu veräußern, auch um die dringend überfällige Modernisierung der Bahn zu finanzieren: So stellte die russische Bahn 2002 nur 39 Lokomotiven und 1440 Güterwaggons neu in Dienst soviel wie in den 80er Jahren in einem Monat. Staatszuschüsse für die Abwicklung der Bahnreform sind im Übrigen vorerst nicht vorgesehen.
(ld/.rufo)
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