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Russlands Wirtschaft schrumpft stärker als erwartet
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Wirtschaftswissenschaftler Sergej Alexaschenko warnt vor einem deutlichen Schrumpfen beim russischen BIP (Foto: Ballin/.rufo)
Wirtschaftswissenschaftler Sergej Alexaschenko warnt vor einem deutlichen Schrumpfen beim russischen BIP (Foto: Ballin/.rufo)
Freitag, 03.04.2009

Russlands Wirtschaft schrumpft stärker als erwartet

Moskau. Schrumpft Russlands Volkswirtschaft dieses Jahr um über acht Prozent? Das ist möglich, meinen russische Experten. Selbst ein „positives“ Szenario sieht einen Absturz von 5,3 Prozent beim BIP voraus.

Nur zögerlich hat sich die russische Regierung von den Wachstumsträumen verabschiedet. Lange hielt das Kabinett an seinen Prognosen fest, obwohl Experten bereits Alarm schlugen. Dann gestand auch das Wirtschaftsministerium die schwere Lage ein. Aus fünf Prozent Wachstum wurden erst drei Prozent und dann ein Nullwachstum. Inzwischen geht das Wirtschaftsministerium von einer Senkung um 2,2 Prozent beim BIP aus.

Regierung nennt Weltbank Pessimisten


Vor einigen Tagen dann legte der Russland-Experte der Weltbank Zeljko Bogetic seine Prognose vor: Minus 4,5 Prozent BIP bei elf – 13 Prozent Inflation. „Viel zu pessimistisch“, erregte sich die Regierung, die ihre Wirtschaftspolitik unter Feuer genommen sah.

Doch die OECD legte nach. Ihrer Einschätzung nach wird Russlands BIP in diesem Jahr sogar um 5,3 Prozent sinken. Dies wäre sogar ein „positives Szenario“, meint nun Sergej Alexaschenko, Direktor für makroökonomische Forschungen an der Staatlichen Wirtschaftshochschule.

Bei Russland-Aktuell
• Weltbank: Russlands Ökonomie schrumpft um 4,5 Prozent (30.03.2009)
• Zentralbank befürchtet stärkeren Abschwung als geplant (27.03.2009)
• Russland droht Haushaltsdefizit von zehn Prozent (11.02.2009)
• Ausgebremst: Wachstum noch schlechter als erwartet (03.02.2009)
• Kudrin senkt erneut Wachstumsprognose für Russland (13.10.2008)

Russische Wirtschaftsexperten pessimistischer als der Westen


Russische Wirtschaftsexperten haben nun nämlich ihre eigenen Prognosen für die weitere Entwicklung abgegeben – und die sind alles andere als optimistisch. „Die russische Wirtschaft hat die Phase des regelrechten Absturzes überstanden und im Februar/März den Boden ertastet“, erfreut Alexaschenko seine Zuhörer zwar. Es sei aber noch fraglich, ob sich Russland von diesem Boden kräftig abstoßen könne.

Zur Erinnerung: In den ersten Monaten waren Industrieproduktion und Konsum in Russland um zweistellige Werte gegenüber dem Vorjahr gefallen.

Schwarzseherei? Minus 8,3 Prozent beim BIP möglich


Eine russische Expertenrunde will nun vierteljährlich Wachstumsprognosen (oder sollte man in dem Fall besser Schrumpfungsprognosen sagen?) abgeben. Derzeit sieht die Prognose düster aus. Nach dem positiven Szenario schrumpft die Wirtschaft um 5,3 Prozent, die Inflation liegt bei 16 Prozent, der Dollarkurs am Jahresende bei 36 Rubel.

Das Negativszenario sieht ein Minus von 8,3 Prozent beim BIP voraus, eine Inflation von 19,7 Prozent und einen Dollarkurs von 40 Rubel zur Weihnachtszeit. Welche Prognose sich erfüllt, hängt nach Einschätzung der Experten von mehreren Faktoren ab, wobei der Ölpreis nicht die entscheidende Rolle spiele.

Mehr ist weniger


Das größte Risiko bestehe in einer Überdosierung der Sozialausgaben warnten die Wirtschaftsforscher. Dies werde zu einem Teufelskreis aus Inflation und erzwungenen Neuausgaben führen, bis am Ende Regierung oder der Haushalt gezwungen seien aufzugeben. Daraufhin sei ein rapider Verfall der Sozialausgaben dann vorprogrammiert.

Ein weiteres Risiko besteht in den „faulen Krediten“. Immer noch ist nicht klar, wie viele der Kredite nicht gedeckt sind. Sollte die Pyramide zusammenbrechen, werde dies nicht nur das Bankensystem, sondern auch die reale Wirtschaft treffen, warnten die Experten.

Verdrängung von Importwaren gefordert


„Ein Anstieg der Sozialausgaben auf Staatskosten ist nur möglich, wenn es gelingt, den Import zu verdrängen, damit die Bevölkerung ihr Geld für einheimische Waren ausgibt“, meint Waleri Mironow, Leiter des Zentrums für wirtschaftliche Entwicklung.

Die Importverdrängung ist nach Einschätzung der Experten der wichtigste Faktor überhaupt. Nur wenn der starke Nachfragerückgang in Russland sich nicht allzu stark auf einheimische Produzenten auswirke, habe Russland die Chance, das „positive Krisenszenario“ zu verwirklichen. Wie das möglich ist angesichts der Tatsache, dass sich Präsident Medwedew noch in London beim G-20-Gipfel gegen protektionistische Maßnahmen ausgesprochen hat, erklärten die Wirtschaftswissenschaftler nicht.

Im nächsten Jahr ist nach Ansicht der Experten aber schon Besserung in Sicht. Ein Wachstum von 0,6 Prozent bei guter Entwicklung und immerhin Nullwachstum (besser als weiteres Schrumpfen) bei schlechter Entwicklung.




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Das Hauptquartier des Staatskonzerns Gazprom (Gasprom) in Moskau. 80 Prozent des russischen Kapitals sind in Moskau konzentriert. (Foto: .rufo)



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