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Das Öl von jenseits des Urals wärmt zwar noch genauso, bringt aber plötzlich weit weniger Geld (Foto: archiv/.rufo) |
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Donnerstag, 16.10.2008
Ölpreis unter 70 Dollar: Jetzt muss Russland sparenMoskau. Der drastisch sinkende Ölpreis ist für die Verbrauchernationen ein Trostpflaster in der Finanzkrise für Russland aber das Ende des bisherigen Geld-Überflusses. 70 Dollar pro Barrel galten als der Grenzwert.
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Egal ob es um die Indexe für die russische Öl-Sorte Urals, das Barrel Brent oder den OPEC-Ölsortenkorb geht: Alle Preise für das Schwarze Gold liegen jetzt unter 70 Dollar - und damit so niedrig wie schon seit 14 Monaten nicht mehr. Der Haupttreibstoff der Weltwirtschaft ist wieder so billig wie vor dem drastischen Preisschub und kostet weniger als die Hälfte wie beim Preishoch im Sommer.
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Was für die Verbrauchernationen in aller Welt die vielleicht einzige angenehme Nachricht inmitten der Banken- und Börsenkrise ist, bedeutet für die Produzenten eine kalte Dusche: Russland als der Welt größter Lieferant fossiler Energien muss sich von seinen Supergewinnen der letzten Zeit verabschieden und den Gürtel enger schnallen, wenn der Preisverfall noch weiter gehen sollte.
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Finanzminsterium will noch nicht am Haushalt streichen
Vor einem Monat hatte Finanzminister Alexej Kudrin die Zahl von 70 Dollar pro Barrel genannt, bis zu der der Staatshaushalt für 2009 wie bisher noch defizitfrei bleiben wird. Nun ist diese Schallmauer durchbrochen.
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Aus Kudrins Ministerium verlautet allerdings, dass man vorerst nicht vorhabe, den geplanten Haushalt für das nächste Jahr zu korrigieren. Er ist bisher von der Staatsduma nur in erster Lesung verabschiedet worden.
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Die Überschüsse müssen nun herhalten
Noch kann der russische Staat die sich abzeichnenden Löcher im Budget ausgleichen, ohne Schulden zu machen: Denn seit Februar wurden die Überschüsse aus den sprudelnden Export-Abgaben in einen Reservefonds eingespeist, der bis zum 1. Oktober auf 100 Milliarden Euro anschwoll.
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Zwar hatte wohl niemand erwartet, dass dieses Sparschwein so schnell wieder geschlachtet werden muss aber zumindest im ersten Halbjahr 2009 kann der russische Haushalt ohne Schwierigkeiten ausgeglichen werden, schreibt die Zeitung Kommersant am Donnerstag.
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Probleme drohen der russischen Finanzwirtschaft dafür an anderen Fronten: Rutscht der Ölpreis eine inzwischen durchaus realistische Perspektive - weiter ab auf 50 bis 60 Dollar pro Barrel, gerät die russische Außenhandelsbilanz ins Minus. Die Folge wäre wohl ein Aufweichen des bislang sehr harten Rubelkurses gegenüber dem als Maßstab geltenden Bivaluta-Korbes aus Dollar und Euro.
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Bei den Russen sitzt der Rubel auch nicht mehr locker
Allerdings muss dies nicht unbedingt geschehen wenn nämlich die Finanzkrise in der russischen Wirtschaft in den nächsten Monaten weiter so um sich greift wie bisher: Die weltweit ähnlichen Probleme bei der Kreditbeschaffung treffen schon in voller Härte die bislang boomende russische Bau- und die Automobilbranche. 2008 hatte Russland Deutschland bereits als größter Automarkt Europas abgelöst.
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Doch nun frieren Baukonzerne reihenweise ihre neuen Projekte ein, denn die Kunden springen ab, weil sie kapitalintensive Anschaffungen fürchten oder sich die Finanzierungen einfach nicht mehr leisten können. Kurzum: Die Nachfrage nach Qualitätswaren, egal ob Badezimmerkacheln oder Limousine, geht zurück.
Dementsprechend dürften auch die in der letzten Vergangenheit munter ansteigenden Importe nach Russland wieder zurückgehen und die Handelsbilanz eventuell wieder ausgleichen.
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Das Wirtschaftswachstum flacht schnell ab
Ob der Rubel nun in Zukunft etwas härter oder weicher ist, wird für die aufgeblühte russische Wirtschaft allerdings eher ein zweitrangiges Problem sein angesichts der harten Landung, die ihr nun droht: Die Erwartungen für 2009 werden in diesem Herbst beständig heruntergefahren.
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Dennoch rechnet man für 2009 noch immer mit einem Wachstum von etwa 5 Prozent. 2010 könnte dann der vom Boom der Putin-Jahre erhitzte Ofen aber endgültig ausgekühlt sein: Viele Experten sehen ein Nullwachstum voraus.
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Dann wird sich rächen, dass der russische Staat zwar jahrelang komfortabel von seinen satten Rohstoffeinnahmen gelebt hat, aber zu wenig für eine Umwandlung in eine effiziente, schlanke und technologisch hochentwickelte Wirtschaftsnation getan hat.
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Staatsbank sitzt noch auf 500 Mrd. Reserven
Immerhin wurde kräftig angespart: Die Gold-und Devisenreserven des russischen Staates betragen momentan noch 530 Mrd. Dollar da ist noch viel Spielraum für Finanzspritzen ins Bankengewerbe oder Freundschaftskredite wie die Island versprochenen 4 Mrd. Euro.
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Einige Nachbarländer wie die Ukraine oder die drei baltischen Staaten werden deshalb wohl deutlich stärker gebeutelt werden als Russland.
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Denn dort hat man in den letzten Jahren eher Schulden aufgehäuft statt Reserven, ihre Währungen weichen bereits jetzt stark auf. Und nach wie vor hat man dort keine eigenen Ölquellen.
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