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Unterschriften auf der neuen Ostsee-Pipeline, die Gaslieferungen für Europa unabhängig von politischen Fehden machen soll (Foto:Packeiser/.rufo)
Unterschriften auf der neuen Ostsee-Pipeline, die Gaslieferungen für Europa unabhängig von politischen Fehden machen soll (Foto:Packeiser/.rufo)
Mittwoch, 14.12.2005

Ukraine: Schwarzmeerflotte gegen Gaslieferungen?

Moskau. Gazprom bildet Krisenstäbe, die Gastransit für Europa sichern sollen, falls Lieferungen in die Ukraine Ende 2005 eingestellt werden. Der Konflikt verlagert sich derweil auf die Präsidentenebene und aufs Militär.

Auch ein Telefongespräch zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Viktor Juschtschenko brachte bisher den Kompromiss nicht näher, verschob den Konflikt aber auf die politische Ebene. Auch die Energieminister Russlands und der Ukraine, die seit gestern bis spät in die Nacht verhandeln, fanden keine Lösung.

Die Fronten sind verhärtet, weil die Ukraine darauf besteht, erst allmählich von dem seit schon 10 Jahren gültigen Sonderpreis von 50 Dollar pro 1.000 Kubikmeter Gas auf Weltmarktpreise umzusteigen. Gazprom hingegen will ab 1.Januar von der Ukraine fast ebensoviel verlangen, wie von den Europäern.

Die Rede war bisher von 170 Dollar für die Ukraine. Am Dienstagabend nannte aber ein Gazprom-Sprecher sogar bereits die Zahl von 230 Dollar. Der Erdgaspreis ist an den internationalen Ölmarkt gekoppelt.

Bei Russland-Aktuell
• Gasstreit Moskau-Kiew wertet Ostseepipeline auf (07.12.2005)
• Deutsche Banken steigen in russisches Gas ein (08.12.2005)
• Die Ostsee-Gaspipeline wird teurer als geplant (02.12.2005)
• Gaspipeline: Schröder schamlos oder Schlitzohr? (12.12.2005)

Putin will nicht mehr mit 4 Mrd Dollar jährlich die Ukraine subventionieren, sondern eigene soziale Probleme lösen


Politische Rückendeckung bekam Gazprom (Gasprom) auch von Wladimir Putin. Der russische Präsident erklärte am Wochenende, der russische Staatshaushalt verliere wegen der ukrainischen Sondertarife jährlich etwa 4 Milliarden Dollar.

Russland könne es sich nicht leisten, als Sponsor der Ukraine aufzutreten, sagte Putin, der in den letzten Wochen angekündigt hatte, die Zusatzeinnahmen aus der anhaltenden Öl- und Gaskonjunktur in große Nationale Projekte zu stecken, mit denen brennende soziale und gesellschaftliche Probleme Russlands gelöst werden sollen.

Ukraine bringt das Militär ins Spiel


Im russisch-ukrainischen Verhandlungsmarathon droht die Ukraine daraufhin nach Moskauer Presseberichten angeblich damit, bestehende Verträge über die russische Schwarzmeerflotte und Luftfrühwarnsysteme zu revidieren.

Für die Stationierung der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Krim zahlt Russland gegenwärtig 98 Mio Dollar. Alleine die Pacht für die Grundstücke des russischen Flottenstützpunktes würde aber etwa 2,5 Mrd Dollar betragen, schätzen ukrainische Militärs.

Wenn die Ukraine den Nutzungsvertrag für das ukrainisch-russische Raketensystem RS-20 (Satana) kündigen würde, müsste Russland kurzfristig drei bis vier Milliarden Dollar zusätzlich für Ersatzbeschaffung ausgeben. Auch mit der Nutzung der alten sowjetischen Luftfrühwarnsysteme auf ukrainischem Boden spart Russland einige Milliarden Dollar.

Bei Russland-Aktuell
• Nicht teurer, aber sicher: Ostseepipeline-Baustart (8.12.2005)

Gazprom will der Ukraine mehr für Transit zahlen


Wahrscheinlicher ist aber, dass Russland und die Ukraine einen Modus finden, Gaslieferungen für die Ukraine und Gastransit für Europa miteinander zu verrechnen, um den Preisschock für die Ukraine zu abzumildern. Gazprom hat der Ukraine bereits angeboten, für Gastransit künftig pro 1000 Kubikmeter auf 100 km Strecke 1,75 Euro zu bezahlen. Die Ukraine lehnte bisher einen Transitvertrag ab.

Gazprom-Mitarbeiter sagen Urlaub am Jahresende ab


Bisher sind die Fronten verhärtet. „Wir bereiten uns auf den schlimmsten Fall vor“, sagt Gazprom-Sprecher Sergej Kuprianow. Er habe bereits seinen Ski-Urlaub zum Jahreswechsel abgesagt.

Am Dienstagabend drohte Gazprom-Chef Alexej Miller in einem Fernsehinterview erneut damit, die Gaslieferungen an die Ukraine einzustellen, wenn es bis Ende des Jahres keine Einigung über die Preise gibt.

In diesem Fall würde Gazprom (Gasprom) zwar soviel Gas, wie europäische Abnehmer zu bekommen hätten, bis an die ukrainische Grenze liefern. Das sind etwa 80 Prozent des Erdgases, das gegenwärtig in das ukrainische Transit-Pipelinesystem eingespeist wird. Die verbleibenden 20 Prozent, die für die Ukraine selbst vorgesehen sind, würde Gazprom zurückhalten.

Wird es in Europa kalt, wenn Russland und die Ukraine sich nicht einigen?


Unklar ist, wie sich in einem solchen Szenario die Ukrainer verhalten würden. Das ukrainische Staatsunternehmen Naftogas hatte, wie bereits berichtet angekündigt, Gas für den eigenen Bedarf aus der Transitmenge abzuzweigen. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko hatte hingegen gestern erklärt, die Ukraine werde natürlich ihre Transit- und Lieferverpflichtungen gegenüber Westeuropa und Gazprom einhalten.

(gim/.rufo)


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