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Die Ermittler zielen auf Anatoli Serdjukow (Foto: Archiv) |
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Dienstag, 05.02.2013
Korruptionsaffäre: Angeklagte wird zur KronzeuginMoskau. Die Korruptionsaffäre im russischen Verteidigungsministerium spitzt sich auf Ex-Minister Anatoli Serdjukow zu. Die bisher Hauptbeschuldigte Jekaterina Smetanowa handelt einen Deal aus und wird Kronzeugin.
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Nach drei Monaten Aufenthalt in der Zelle einer U-Haft-Anstalt wird Smetanowa in den Hausarrest entlassen und unter Personenschutz gestellt. Die Generaldirektorin einer Beratungsfirma für das Verteidigungsministerium arbeitet mit den Ermittlern zusammen. Mit ihren Aussagen hofft die Staatsanwaltschaft Hebel in die Hand zu bekommen, um Anatoli Serdjukow unter Druck zu setzen.
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Verkauf zu Schleuderpreisen
Smetanowa war die erste Beteiligte der milliardenschweren Korruptionsaffäre im Verteidigungsministerium. Ihr wird die Verstrickung in faule Immobiliendeals vorgeworfen. Ihr Rechtsberatungszentrum habe die nötigen Expertisen gegeben, damit Immobilien des Ministeriums über dessen Tochtergesellschaft Oboronservice weit unter Marktwert verkauft werden konnten. Als Gegenleistung sei Schmiergeld geflossen, so der Vorwurf.
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Smetanowa soll die gegen sie erhobenen Beschuldigungen gestanden haben und Aussagen gegen die Chefin von Oboronservice Jewgenia Wassiljewa gemacht haben. Der Deal garantierte der zweifachen Mutter die vorläufige Freilassung und eine Leibwache. Wegen der möglichen Bedrohung für Leib und Leben Smetanowas wurden Maßnahmen des staatlichen Schutzes für die Beschuldigte getroffen, erklärte der Sprecher der Ermittlungsbehörde Wladimir Markin.
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Über die Freundin an den Minister
Wassiljewa gilt ebenfalls als Beschuldigte in dem Fall, musste aber im Gegensatz zu Smetanowa nicht hinter Gitter, sondern blieb in ihrer 13-Zimmer-Wohnung unter Hausarrest. Zwar konnte Smetanowa keine Aussagen gegen Serdjukow selbst machen, weil sie mit ihm kaum etwas zu tun hatte. Doch ihre Aussage gegen Wassiljewa bringt auch den Ex-Minister unter Druck.
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Wassiljewa gilt als enge Vertraute von Serdjukow selbst. Die zuerst von russischen Boulevardmedien aufgebrachte Version einer Liebesaffäre zwischen ihr und Serdjukow wird inzwischen auch von den offiziellen staatlichen Medien kolportiert. Dies könnte auch der Hauptgrund für den Fall des Ex-Ministers sein, schließlich ist Serdjukow mit der Tochter von Putins Vertrautem Viktor Subkow verheiratet. Der Fehltritt dürfte die Beziehungen zu seinem Schwiegervater und langjährigen Gönner deutlich abgekühlt haben.
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Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs
Die Ermittler zumindest hoffen, nun über Wassiljewa an Serdjukow zu kommen, heißt es. Bislang gilt der 50-Jährige, der vor seiner Ministerzeit als Möbelhändler und Steuereintreiber Karriere machte, nur als Zeuge in der Immobilienaffäre. Dafür haben die Ermittler Untersuchungen wegen einer Luxus-Datscha im Wolga-Delta eingeleitet.
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Die Datscha, wo vor zwei Jahren auch Wladimir Putin und Dmitri Medwedew zum Angelausflug gastierten, gehört dem Schwager Serdjukows. Die Ermittler prüfen nun, warum auf Kosten des Ministeriums eine Straße zu dem Objekt verlegt wurde und Wehrpflichtige zur Begrünung eingesetzt wurden. Es laufen Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs wenn auch kurioserweise offiziell vorerst gegen Unbekannt.
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Holger Eekhof 06.02.2013 - 11:17
Hut ab..
vor der russischen Staatsanwaltschaft..
Wenn dies kein kreativer Lösungsansatz ist:
Erst versucht man über Serdjukow an Wassiljewa heranzukommen, doch unser Liebeskranker befindet sich noch in seiner Trotzphase weil man ihm sein Spielzeug madig machen möchte. Und anstatt sich auf seine alten Tugenden zu besinnen, verweigert er eben mal die Aussage.
Ein Verhalten, das ganz klar beweist, das die Notbremse - sprich: der Rauswurf - hier angemessen war.
Denn mit Hilfe seiner Aussage wäre es vermutlich möglich gewesen, auch ohne Kronzeugenregelung in diesem Fall weiter zu kommen. Eigentlich schade, oder doch nicht?
Zeugt dieser Weg doch von einer findigen Staatsanwaltschaft, die sich nicht mehr so leicht vom vermeintlichen Promibonus beeindrucken läßt - sondern sehr beharrlich ihren Weg geht, mein Kompliment dafür.
Vielleicht bleibt ein kleines Geschmäckle, ob zu Recht oder Unrecht ist eigentlich egal:
Ist Wassiljewa nun das Ziel weil sie den falschen Gönner hatte - was sich zweifelsohne auch in Russland nicht gehört?
Aber letztendlich ist dies auch gleichgültig, wird hier doch ein Präzedenzfall für eine aktive Strafverfolgung auch in höchsten Zirkeln geschaffen - da sich solche Dinge gemeinhin nicht mehr aus der Welt schaffen lassen, sondern eben dauerhaft fortbestehen...
hier mein Kommentar: BRAVO !!!
und meine Bitte:
Liebe Staatsanwaltschaft, seid bitte nett zu unserem Liebeskranken, und immer daran denken: Es könnte einem eines Tages selbst mal so ergehen :)))
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