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Ganz so viele Kandidaten sind es diesmal nicht: Zur russischen Präsidentenwahl ist das Bewerberfeld ziemlich übersichtlich (Foto: TV/.rufo) |
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Freitag, 02.03.2012
Der Stimmzettel: Die fünf Bewerber um den KremlMoskau. Zur Präsidentenwahl wurden fünf Bewerber zugelassen. Sie werden hier in der durch Los ermittelten Reihenfolge vorgestellt, in der sie auf dem Stimmzettel erscheinen. Deshalb steht Putin ausnahmsweise hinten an.
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Der populistische Polterer
Wladimir Schirinowski baut sein Image auf eine anti-westliche Position auf, die zugleich streng antikommunistisch und nationalistisch ist. Damit ist er schon seit dem Zerfall der Sowjetunion in der politischen Arena aktiv: Seine Liberal-Demokratische Partei wurde schon 1990 gegründet damals als KGB-Projekt zur Bindung politischen Unmuts an der rechten Flanke.
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Wladimir Schirinowski (Foto: vesti.tv) |
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Bis heute macht der 65-Jährige Partei-Fürst eher mit verbalem Krawall, gezielten Provokationen, knackigen Sprüchen und Show-Auftritten als mit realistischen Ansätzen Politik.
So präsentierte er sich auf internationalem Parkett schon als enger Freund von Sadddam Hussein oder Muammar Gaddafi. Obwohl sein Vater Jude war, gehen ihm auch antisemitische Losungen leicht von der Zunge.
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In entscheidenden Fragen stimmt die LDPR meist für die Kreml-Position, bei Details wie der Korruption erlaubt sie sich furiose Kritik. Gegenwärtig hält Schirinowski gleichermaßen Abstand vom Kreml und der neuen Demo-Bewegung. Der begnadete Demagoge kandidiert bereits zum fünften Mal für das Präsidentenamt. Über zehn Prozent kam er bei allen vorherigen Versuchen nie hinaus.
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Der linke Langweiler
Gennadi Sjuganow ist seit 1993 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Russlands und deren Fraktionsvorsitzender in der Duma. Der 67-Jährige tritt ebenfalls zum fünften Mal bei der Präsidentenwahl an wobei er dabei bisher immer konstant den zweiten Platz belegt hat.
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Gennadi Sjuganow (Foto: NTW) |
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Sjuganow kann nach russischen Maßstäben als gemäßigter Kommunist gelten, der seine Partei bisher vor ernsthaften Konflikten mit dem Kreml bewahrt hat. Dafür darf die KPRF als größte, aber letztlich einflusslose Oppositionspartei relativ frei in der ihr eingeräumten Nische agieren.
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In Sjuganows Wahlprogramm finden sich Forderungen wie die Nationalisierung von Bodenschätzen, Banken, Flugzeugbau und Eisenbahn und die Herstellung von sozialer Gerechtigkeit etwa mit guten kostenlosen Bildungsmöglichkeiten und höheren Steuern für Besserverdienende. In der Außenpolitik soll sich Russland mit einer Kontra-Position zur USA und Nato neue Verbündete schaffen.
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Die von russischen Kommunisten gerne als Ideal vergötterte Sowjetunion will Sjuganow nicht zurückholen, seine Ambitionen beschränken sich auf eine Wirtschaftsunion mit Weißrussland, Kasachstan und der Ukraine.
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Der Putin-Freund, der keiner mehr ist
Sergej Mironow ist der Wendehals unter den fünf Kandidaten: Im Jahr 2000 war er noch Chef von Putins Wahlkampfstab, 2004 kandidierte er selbst als sog. technischer Kandidat denn er erklärte, er unterstütze eigentlich Putin.
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Sergej Mironow (Foto: Archiv/.rufo) |
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Von 2001 bis 2011 amtierte der heute 59 Jahre alte gebürtige Petersburger als Vorsitzender des Föderationsrates und war damit nominell dritter Mann im Staate. Dabei war Mironow nie Mitglied der Putin-Hauspartei Einiges Russland, sondern Vorsitzender des Gerechten Russland (SR). Die moderat links positionierte kleine Partei lief zunächst ebenfalls an der Leine des Kremls und wurde deshalb toleriert.
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2011 kam es jedoch zum Bruch zwischen den beiden Kreml-Parteien: Mironow verlor seinen Posten und ist inzwischen nur noch Fraktionschef seiner Partei in der Duma. SR bezeichnet sich nun als sozialdemokratisch orientiert. Mironow versucht im Wahlkampf, sich mit scharfer Kritik an Putin und Co. als Oppositioneller zu profilieren und unterstützt faktisch vollständig die Forderungen der neuen Protestbewegung.
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Die letzten fünf Jahre der Sowjetzeit verbrachte Mironow übrigens in der Mongolei, wo er als Geophysiker arbeitete.
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Der Multimilliardär auf neuen Pfaden
Michail Prochorow wurde als einziger Bewerber nicht von einer Partei aufgestellt, er geht als unabhängiger Kandidat an den Start.
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Michail Prochorow (Foto: rt.com) |
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Der 2,04 Meter große und 46 Jahre alte Junggeselle ist Quereinsteiger in der russischen Politik: Bis 2011 kannte man ihn nur als einen der Oligarchen Russlands Superreiche mit gehörigem Gewicht in Wirtschaft und Staat und gelegentlichen Skandalen. Sein Besitz in Form der Onexim-Gruppe wurde von Forbes zuletzt auf 18 Mrd. Dollar taxiert und verteilt sich auf Bergbau-, Aluminium-, Medien-, Bank- und Versicherungsgewerbe.
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Letztes Jahr ließ sich Prochorow den Vorsitz einer kleinen liberalen Partei aus dem Kreml-Portfolio andienen und stieg nur zwei Monate später wieder aus, weil er dort, anders als angeblich erwartet und zugesagt, doch keine unabhängige Politik machen konnte.
Sein Programm ist ein Spagat aus rechtsliberalen und populistischen Forderungen mit betont basisdemokratischen Aspekten. So ist er für eine Zerschlagung von Gazprom und träumt von einer neuen Weltwährung aus Euro und Rubel. Seinen inhaftierten Oligarchen-Kollegen Michail Chodorkowski will Prochorow begnadigen und dann in die Regierung holen.
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Der Macht-Profi mit Berufserfahrung
Wladimir Putinist zwar nicht Titelverteidiger, aber der Platzhirsch in dem ungleichen Rennen um die russische Präsidentschaft. Der 59 Jahre alte Petersburger war bereits bis 2008 acht Jahre lang Kreml-Chef.
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Wladimir Putin (Foto: putin2012.ru) |
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In dieser Zeit schaffte es der anfangs als blasser Apparatschik unterschätzte ehemalige KGB-Offizier und Petersburger Vizebürgermeister, das abtrünnige Tschetschenien wieder einzugliedern, wichtige Medien gleichzuschalten, den Staatsapparat auf unabdingbare Gefolgschaft zu trimmen und Russland Wirtschaftswachstum und Stabilität zu garantieren.
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Nur weil die russische Verfassung mehr als zwei Amtszeiten in Folge verbietet, brachte Putin die letzten vier Jahre auf dem offiziell zweitrangigen Posten des Regierungs-Chefs zu. Nach seinem Wahlsieg möchte er mit dem Interims-Präsidenten Dmitri Medwedew einen Ämtertausch vornehmen. Putin bekennt sich einerseits zu demokratischen Grundwerten, andererseits hat er für Andersdenkende oft nur Spott übrig.
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Putin spricht fließend deutsch. Mit seiner Ehefrau Ludmila zeigte er sich zuletzt 2010 gemeinsam sein Privatleben ist für die Medien ein Buch mit sieben Siegeln.
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