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Kyrill kritisierte die Oligarchen und ihre Verschwendungssucht scharf. Er selbst ist einer der mächtigsten orthodoxen Kirchenmänner (Foto NTW) |
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Freitag, 06.04.2007
Sozialdebatte und gefälle in der orthodoxen KircheAndré Ballin, Moskau. Das Einkommensgefälle zwischen Russlands Reichen und Armen nimmt seit Jahren zu. Die wachsende Ungleichheit hat nun auch die orthodoxe Kirche auf den Plan gerufen. Doch wie sozial ist sie selbst?
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Metropolit Kyrill, Leiter des kirchlichen Außenamtes und einer der mächtigsten Kirchenführer des Landes, erinnerte die Reichen an ihre soziale Verantwortung: Seinen Reichtum richtig einzusetzen, galt in Russland stets als Gabe Gottes, mahnte der orthodoxe Theologe Anfang März auf einem von der Kirche einberufenen Volkskonzil zum Thema Armut und Reichtum. Allerdings herrscht auch in der russisch-orthodoxen Kirche eine Zweiklassengesellschaft.
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Gehaltsunterschiede der Priester von Regionen abhängig
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Während Geistlichen in hohen Ämtern Dienstwagen, Wohnung und sogar eine eigene Datscha gestellt werden, leben die einfachen Priester auf dem Lande oft in ärmlichen Verhältnissen. Rund 26.000 Priester gibt es in Russland. Genaue Angaben über ihre Einkommensverhältnisse kann die Kirche nicht machen. Sie räumt aber erhebliche Einkommensunterschiede ein. Das Gehalt eines Priesters richtet sich nach den Möglichkeiten und dem Spendenaufkommen der jeweiligen Gemeinde, sagt Sergej Swonarjow vom kirchlichen Außenamt. Daher seien die Einkommen höchst unterschiedlich: In Moskau und einigen entwickelten Regionen ist dies eine ganz andere Summe als in den ärmeren Regionen, so der Kirchenamtsmitarbeiter.
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In Russland gibt es keine Kirchensteuer. Die Gemeinden leben von den Spenden ihrer Mitglieder und Nebeneinkünften wie Gebühren für bestellte Messen oder Taufen. Vor allem in kleinen Ortschaften in der Provinz sind die Einnahmen der Gemeinden gering. Nikolai Mitrochin, Direktor des Instituts für Religionsforschung in den Staaten der GUS und des Baltikums, beziffert sie auf durchschnittlich deutlich weniger als 1.000 Euro pro Jahr.
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Manche Priester halten Vieh, um sich über Wasser zu halten
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Mitunter müssen Priester auch mit Naturalien anstelle eines Gehalts vorlieb nehmen. Sergij Knjasjew, Priester am der Nikolaikirche der kleinen Gemeinde Wawosch in Udmurtien an der Wolga berichtet, dass einige seiner Kollegen Vieh halten und Getreide anbauen, um ihre Familie zu ernähren. Es gibt Fälle, wo ein Priester bis Januar in Sommerschuhen herumläuft, weil es kein Geld gibt, so Knjasjew.
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Dabei ist die russisch-orthodoxe Kirche keineswegs arm. Ihre Jahreseinnahmen liegen bei 100 bis 150 Millionen US-Dollar, schätzt Mitrochin. In den 1990er Jahren machte die Kirche Millionengewinne mit der Einfuhr von Alkohol und Tabak, die sie damals als eine der wenigen Institutionen in Russland zollfrei importieren durfte. Nun gibt es Pläne, mit Moskauer Immobilien große Geschäfte zu machen.
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Über das Gehalt der Kirchenspitze gibt es keine gesicherten Angaben. Patriarch Alexi II. bekommt nach Angaben der Hauptbuchhalterin des Moskauer Patriarchats, Natalja Derjuschkina, lediglich seine staatliche Altersrente überwiesen. Nicht eingerechnet sind dabei allerdings die zahlreichen Privilegien, die das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche genießt angefangen von einem Dienstwagen bis hin zu einer ihm zur Verfügung stehenden Residenz auf dem Land.
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Besitzneid ist eine Sünde
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So versteht sich das Moskauer Patriarchat zwar als Anwalt der Armen in Russland, warnt aber gleichzeitig vor Neid und einer pauschalen Verurteilung des Reichtums. Reichtum an sich sei nicht verwerflich. Metropolit Kyrill kritisierte auf dem Volkskonzil in erster Linie die zunehmende Einkommenskluft und prangerte die Zurschaustellung von Reichtum und Verschwendungssucht an.
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Reichtum sei weder Segnung noch Strafe, sondern in erster Linie Prüfung und Verantwortung, stellte Patriarch Alexi klar. Sündhaft ist es, wenn sich das ganze Streben des Menschen auf den Erwerb von Reichtum und maximalen Profit richtet und die seelische Komponente dabei auf der Strecke bleibt, erläutert Kirchenamtsmitarbeiter Swonarjow die Aussage des Kirchenoberhaupts.
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(Topfoto: Archiv/.rufo)
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