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Leonid Newslin wird aus Moskau verdächtigt, hinter dem Litwinenko-Mord zu stecken (Foto: newsru)
Leonid Newslin wird aus Moskau verdächtigt, hinter dem Litwinenko-Mord zu stecken (Foto: newsru)
Donnerstag, 28.12.2006

Moskau verdächtigt Newslin im Fall Litwinenko

St. Petersburg. Die russische Generalstaatsanwaltschaft behauptet, Indizien für eine Täterschaft des einstigen Yukos-Miteigentümers Leonid Newslin im Falle des Polonium-Mordes an Alexander Litwinenko zu haben.


Newslin, der sich in den letzten Jahren hauptsächlich in Israel aufhält, wurde von den russischen Behörden bisher beschuldigt, als Verantwortlicher für die Sicherheit bei Yukos Mordanschläge gegen Personen initiiert zu haben, die für den Yukos-Menatep-Konzern gefährlich oder lästig zu werden drohten. Gegen ihn besteht deshalb in Russland Haftbefehl.

Wie die russische Ermittlungsbehörde gestern erklärte, wurde nun eine gemeinsame Ermittlungsgruppe aus Spezialisten des Falles Yukos/Newslin und der Polonium-Vergiftungen gebildet.

Quecksilber als neue Spur zwischen London und Moskau


Begründet wird der Verdacht gegen Newslin mit „Dämpfen von Quecksilber“, die bei Opfern des einen wie des anderen Falles in „Autos, Wohnungen und Häusern in London wie in Moskau“ gefunden worden seien.

Mit dem hochgiftigen Quecksilber – und nicht Polonium – waren angeblich Giftanschläge auf den ehemaligen Chef der strategischen Planung bei Yukos, Alexej Golubowitsch sowie andere inzwischen als Chodorkowski-Kritiker geltende Ex-Yukos-Mitarbeiter verübt worden. Dies hatten russische Medien im Sommer 2006 berichtet.

Wer angeblich aus dem Umfeld Litwinenkos – in Frage kämen etwa die beiden russischen Geschäftsleute Andrej Lugowoj und Dmitri Kowtun, aber auch Litwinenko selbst – durch Quecksilber in Gefahr gebracht worden ist, wurde von der Staatsanwaltschaft nicht präzisiert.

Auslieferung von Newslin wird angestrebt


Bei Russland-Aktuell
• Musste Litwinenko wegen Yukos-Affäre sterben? (27.11.2006)
• Litwinenkos Informant Scaramella festgenommen (25.12.2006)
• Kowtun und Lugowoj: Litwinenko hat uns „angesteckt“ (14.12.2006)
• Litwinenko-Mord: Russland eröffnet eigenes Verfahren (07.12.2006)
• Polonium ist überall. Mord als Form des Wahlkampfes? (02.12.2006)
Allerdings betonte die Behörde in diesem Zusammenhang, dass sie auf Ermittlungshilfe durch andere Staaten hoffe und die Frage der Auslieferung „schwerer Verbrechen verdächtigter Personen“ erheben werde. Dieser Passus gilt eindeutig wiederum Newslin, der über Weihnachten – nicht das erste Mal – in die USA reiste. Die US-Behörden machten darüber via Interpol nach Russland Meldung, unternahmen aber wie schon früher keine Schritte gegen Newslin, da sie die russischen Vorwürfe gegen ihn für juristisch nicht tragfähig halten.

Newslin selbst bezeichnete die Behauptung von seiner Verwicklung als Tatverdächtigter in den Fall Litwinenko als „völligen Blödsinn“, der es nicht einmal wert sei, ihn zu kommentieren.

Fakt: Litwinenko und Newslin hatten miteinander zu tun


Gewisse Verbindungen zwischen Litwinenko und Newslin bzw. der Menatep-Gruppe gab es allerdings: Ende November hatte Newslin erklärt, dass ihm Litwinenko einige Zeit vor seinem Tod ein Dossier über Hintergründe des Falles Yukos überreicht habe. Er versprach damals, diese Dokumente an Scotland Yard weiterzugeben.

Außerdem gehört „RISC Management“, eine der Sicherheitsfirmen, die von Litwinenko, Lugowoi und Kowtun in London als Geschäftspartner besucht wurden – und wo später Polonium-Sopuren entdeckt wurden – zum Menatep-Konzern.

... und indirekt nun auch Chodorkowski und Litwinenko?


Bei Russland-Aktuell
• PricewaterhouseCoopers droht Lizenzverlust in Russland (27.12.2006)
• Yukos-Anwälte sprechen mit Chodorkowski und Lebedjew (27.12.2006)
• Chodorkowski: Russland hat schwere Zeit vor sich (22.11.2006)
Solange die russische Anklagebehörde ihre Verdachtsmomente aber nicht präzisiert und auch erklärt, wo sich angeblich Quecksilber- und Polonium-Spuren überschneiden, erscheint der aktuelle Schritt mehr als Manöver, um den Druck auf Newslin zu erhöhen – der vom Ausland aus die internationalen Überreste des Yukos-Imperiums wie auch die Unterstützungskampagne für seine in russischer Haft sitzenden einstigen Kollegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedjew koordiniert.

Schließlich wurde dieser Tage mit den Vernehmungen der beiden Häftlinge in einem neuen Strafverfahren wegen Geldwäsche die zweite Runde im Yukos-Drama eröffnet – wobei als ein weiterer Nebenkriegsschauplatz auch gegen die renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers ermittelt wird, die seinerzeit die Yukos-Bilanzen prüfte.

Wenn es den russischen Anklägern allerdings gelingen sollte, nachvollziehbar nachzuweisen, dass nicht finstere KGB-Rächer hinter dem Mord am abtrünnigen Ex-Agenten Litwinenko stecken, sondern führende Köpfe der schwerreichen und latent intriganten Kreml-Kritiker-Garde im Exil (wie Boris Beresowski oder eben Newslin) wäre das natürlich ein PR-Erfolg erster Güte für Putin und dessen Gefolge. (ld/rufo)


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