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Oppositionär oder Krimineller? Rachat Alijew (Foto: newsru)
Oppositionär oder Krimineller? Rachat Alijew (Foto: newsru)
Dienstag, 29.05.2007

Haftbefehl gegen Schwiegersohn von Nasarbajew

Wien/Astana. Die kasachischen Behörden haben einen Interpol-Haftbefehl gegen den bisherigen Botschafter in Wien erlassen – der zugleich ein Schwiegersohn von Präsident Nasarbajew ist. Ihm wird Kidnapping vorgeworfen.

Rachat Alijew wurde am Wochenende von seinem Botschafterposten in Österreich entbunden. Er war in Wien auch als Sonderbeauftragter Kasachstans für die Zusammenarbeit mit der OSZE und Gesandter bei den dort ansässigen Internationalen Organisationen akkredidiert.

Gestern erging dann ein internationaler Haftbefehl gegen Alijew. Wie der „Kommersant“ berichtete, schickte die kasachische Regierung eine Delegation aus Staatsanwälten und Geheimdienstlern nach Wien, die für die schnelle Heimholung des in Ungnade gefallenen Präsidentenschwiegersohnes sorgen soll. Sein Diplomatenstatus wurde annulliert.

Heimholung oder Exil?



Die österreichischen Behörden haben der Zeitung zufolge ihre Neutralität in dem Konflikt beteuert. Wan werde keine Aktivitäten entfalten, es handele sich um eine innere Angelegenheit Kasachstans, verlautete aus dem Wiener Außenministerium.

Der gegenwärtige Aufenthaltsort von Alijew ist unbekannt. Einem Bericht der „Financial Times“ zufolge hat er gegenüber den kasachischen Vertretern erklärt, in Wien im Exil bleiben zu wollen und zum Wohle seiner Familie auf politische Aktivitäten zu verzichten. Möglicherweise werde er politisches Asyl beantragen, da er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als fabriziert betrachte.

Die kasachische Staatsanwaltschaft hatte zuvor erklärt, dass sie im Rahmen von Ermittlungen in zwei Entführungsfällen auf eine organisierte Verbrechergruppe gestoßen sei, die sich durch Erpressung und Urkundenfälschung inden Besitz von Immobilien, Grundstücken und Unternehmen gebracht habe. Rahat Alijew sei der Anführer dieser Bande.

Konflikt um eine Bank – und mit Elitekreisen



Auslöser des Falles ist das Verschwinden eines Ex-Vize-Chefs der kasachischen "Nurbank" am 31. Januar. Dessen Ehefrau hat Aliyew beschuldigt, für das Verschwinden ihres Mannes verantwortlich zu sein. Der Botschafter und Schwiegersohn des kasachischen Staatschefs ist Eigentümer der Bank. Der vermisste Zholdas Timraliyew verschwand nach einem Treffen mit "Nurbank"-Managern, wenige Tage nach seinem Ausscheiden aus der Bank.

Hinter dem Geschehen steckt aber mehr als nur die Suche nach einem schwarzen Schaf oder einem gefallenen Schwiegersohn in der „führenden Familie“ des Landes: Zwischen Alijew und führenden Vertretern der kasachischen Machtelite schwelte schon länger ein Konflikt. Nasarbajew hat sich in dieser Situation offenbar auf die Seite der einflussreichen Kreise geschlagen und seinen Schwiegersohn geopfert, um die Lage ruhig zu halten – und seine eigene Macht nicht zu gefährden.

Alijew wollte gegen Nasarbajew bei den nächsten Wahlen antreten



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Alijews Verhältnis zu Schwiegervater Nasarbajew dürfte in letzter Zeit aber auch schon alles andere als entspannt gewesen sein: Alijew hatte ihm angekündigt, bei den nächsten Präsidentenwahlen 2012 gegen ihn anzutreten. Erst letzte Woche war eine Verfassungsänderung beschlossen worden, die Nasarbajew faktisch ein Amtieren auf Lebenszeit ermöglicht.

Dass Politik bei dem Haftbefehl gegen den Ehemann von Nasarbajew-Tochter Dariga mit im Spiel ist, beweist auch, dass parallel die Staatsanwaltschaft die Schließung der Massenmedien verfügen ließ, die sich in Alijews Besitz befinden: Betroffen sind der Fernsehsender KTK und die Zeitung „Karawan“. Zur entsprechenden Gerichtsverhandlung waren Vertreter der beiden Medien nicht einmal vorgeladen worden.

Nach Medienschließungen: “Zensur und Repressionen“



Unter Alijews Kontrolle verblieben ist das Internet-Portal kaztoday.com. Dort wird über Verhaftungen von Managern des Fernsehkanals und gegen die Redaktionen erhobene Vorwürfe des Geheimnisverrrats berichtet. „Die Staatsanwaltschaft will die Zensur einführen“, so der Herausgeber der Zeitung „Karawan“.

Alijew selbst meldete sich mit einem Kommunique zu Wort, in dem er seinem Schwiegervater vorwarf, nicht mehr Garant der Verfassung zu sein. „Im Land ist der Prozess der Usurpation der Macht abgeschlossen worden. Es gibt Repressionen.“

Angesichts der herrschenden „absoluter Polizeiwillkür“ würde er sich nicht wundern, wenn die kasachischen Behörden „morgen der Welt unwiderlegbare Beweise dafür vorlegen, dass ich einen Tunnel aus Astana nach Rio de Janeiro gegraben habe, um grüne Papageien zu schmuggeln“, erklärte Alijew. Unter diesen Umständen nach Kasachstan zurückzukehren, sei so gut wie Selbstmord.

Unklar ist gegenwärtig, ob die Präsidententochter Dariga auf Seiten ihres Mannes oder ihres Vaters steht – und ob Alijew von der kleinen kasachischen System-Opposition als Mitstreiter akzeptiert wird: Er sei nicht der erste Angehörige der Elite, der in Ungnade falle, erklärte der Oppositionpolitiker Scharmachan Tujakbaj: „Im Oppositionslager wartet niemand auf ihn. Wir sind kein Durchgangszimmer.“

(ld/rufo/St.Petersburg)


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