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Crash aus 10.000 Meter Höhe: Ein baugleicher Airbus 321 der Airline Metrojet (Foto: Sergej/wp)
Crash aus 10.000 Meter Höhe: Ein baugleicher Airbus 321 der Airline Metrojet (Foto: Sergej/wp)
Samstag, 31.10.2015

224 Tote: Absturz über Ägypten schockiert Russland

St. Petersburg. Ein russischer Ferienflieger ist über der Sinai-Halbinsel abgestürzt. Die meisten der 224 Menschen an Bord kamen wohl aus St. Petersburg. Der IS rühmt sich, das Flugzeug abgeschossen zu haben.

Der Airbus A 321 der kleinen russischen Fluggesellschaft Kogalymavia – sie arbeitet seit 2012 unter der Marke MetroJet – war um 6.51 Uhr in Scharm-el-Scheich an der Südspitze der Sinai-Halbinsel gestartet. Der Flug sollte nach St. Petersburg gehen, wo er um 12.20 Uhr am Flughafen Pulkovo erwartet wurde. Doch 23 Minuten nach dem Start stürzte die Maschine über der bergigen Wüstengegend der Sinai-Halbinsel ab. Kurz zuvor hatte sie ihre Reiseflughöhe erreicht.

An Bord befanden sich 217 Passagiere und sieben Besatzungsmitglieder. Die meisten Insassen des Charterflugs stammen wohl aus St. Petersburg und dem umliegenden Leningrader Gebiet. Aber auch ein Vizebürgermeister aus Pskow ist unter den Toten. Mit Ausnahme von drei Personen aus der Ukraine sollen alle Opfer russische Staatsbürger sein.

Den ganzen Vormittag über gab es äußerst widersprüchliche Nachrichten über das Schicksal des Flugzeugs: Nachdem bekannt wurde, dass es über dem Sinai von den Radarschirmen verschwunden sei, hieß es später plötzlich, die Maschine habe doch den Luftraum der Türkei erreicht. Auch nachdem die ägyptischen Behörden den Fund des Wracks bestätigten, kam nochmal Hoffnung auf: Angeblich hätten Retter aus dem Hauptteil des Rumpfes Stimmen gehört, hieß es.

Keine Hoffnung auf Überlebende


Doch letztlich bewahrheitete sich die schlimmste aller Befürchtungen: Die Maschine ist abgestürzt, niemand an Bord hat überlebt. Die Petersburger Behörden zogen am Flughafen Pulkovo über 300 Hilfskräfte, darunter mehr als 30 Psychologen, zusammen, um die dort eintreffenden Angehörigen der Opfer zu betreuen. Sie wurden in ein am Flughafen gelegenes Hotel gebracht. Präsident Wladimir Putin ordnete für Sonntag einen Trauertag an.

Zunächst hieß es, um 20 Uhr sollte eine Maschine der betroffenen Airline nach Ägypten starten, um Angehörige zur Unglücksstelle zu bringen. Vermutlich handelt es sich jedoch um einen eigentlich mit der verunglückten Maschine geplanten Flug zurück nach Scharm-el-Scheich.

Die Fluggesellschaft hat dafür inzwischen einen anderen Jet zur Verfügung gestellt, um 19.40 Uhr sollte die Maschine starten. Wie fontanka.ru berichtet, hätten nach Bekanntwerden des Absturzes einige, aber bei weitem nicht alle der russischen Ägyptenurlauber auf die Reise verzichtet.

Unglücksopfer sollen nach Petersburg überführt werden


Petersburgs Gouverneur Georgi Poltawtschenko sagte, es bestehe keine Notwendigkeit, zur Identifizierung der Opfer nach Ägypten zu fliegen, die Toten würden nach St. Petersburg überstellt. Der russische Katastrophenschutz bereitet inzwischen den Start von fünf Maschinen für die Transporte vor. 150 Leichen wurden an der Unfallstelle bereits geborgen. Sie werden zunächst auf eine Luftwaffenbasis auf dem Sinai und von dort in ein Leichenschauhaus in Kairo gebracht.

Russlands wie Ägyptens Behörden gehen momentan von einem technischen Defekt als Unglücksursache aus. Angeblich habe der Pilot über Funk noch technische Probleme gemeldet. Radardaten lassen darauf schließen, dass die Crew möglicherweise versuchte, den Sturzflug der Maschine abzufangen. Auch gibt es die Information, dass die Maschine angeblich für eine Notlandung den Flughafen von El-Arish an der Sinai-Nordküste ansteuern wollte.

"Rache für Syrien": IS brüstet sich mit Abschuss


Parallel geht aber auch die Version um, das Flugzeug könne abgeschossen worden sein. Der „Islamische Staat“ soll sich in einem Internetvideo dazu bekannt haben. Es handele sich um einen Racheakt für die Opfer der russischen Bombenangriffe in Syrien, hieß es. Ganz von der Hand zu weisen ist diese Behauptung nicht, denn im Innern der Halbinsel Sinai geht die ägyptische Regierung gegenwärtig gewaltsam gegen radikale Islamisten vor, die sich dem IS angeschlossen haben. Dabei werden auch Kampfjets eingesetzt.

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Am 6. Oktober veröffentlichte die deutschen Luftfahrtbehörde eine Warnung an die Airlines, das Innere der Halbinsel in einer Höhe von weniger als 8000 Metern nicht zu überfliegen. Es bestünde das Risiko, dass dort Flugabwehrwaffen eingesetzt werden. Auch die schwedischen und die französischen Behörden hätten analoge Warnungen herausgegeben, schreibt die St. Petersburger Internetzeitung fontanka.ru.

Damit herrschte über dem Sinai ansatzweise eine ähnliche Situation wie im Sommer 2014 über der umkämpften Ostukraine, als dort der zivile Flug MH 17 durch eine Luftabwehrrakete abgeschossen wurde. Damals war der Luftraum unter 8000 Meter offiziell gesperrt, nicht aber die höheren Flight Levels.

Russische Ermittler durchleuchten Fluggesellschaft


Das russische Verkehrsministerium wies die Behauptungen über den IS-Abschuss als haltlos zurück. Man stehe in engem Kontakt mit den zuständigen ägyptischen Behörden – und diese hätten keinerlei Informationen, die auf einen Abschuss des Flugzeugs hinwiesen. Unbestätigten Berichten zufolge soll sich die Besatzung des 18 Jahre alten russischen Ferienfliegers zuvor über Funktionsmängeln bei den Triebwerken beklagt haben.

Die russische Luftfahrtbehörde wird ab Montag die Fluggesellschaft Kogalymavia einer Sonderüberprüfung unterziehen. Die Airline unternahm bis 2011 Inlands-Linienflüge nach Surgut, Kogalym und andere Städte Westsibiriens. Nach ihrem Rebranding in Metrojet war sie nur noch im Chartergeschäft tätig, von 2012 bis 2014 auch für den deutschen Reiseveranstalter TUI. Zuletzt verfügte sie über nur vier Airbus-Maschinen – eigentlich zuwenig, um einen verlässlichen Betrieb zu ermöglichen.

Auch die staatliche Ermittlungsbehörde hat zwei Verfahren wegen des Verdachts auf Sicherheitsmängel eingeleitet. Am Moskauer Flughafen Domodedowo wurde das dortige Büro der Airline durchsucht. Am Flughafen von Samara, von wo die Maschine nach Ägypten gestartet war, entnahmen Ermittler Treibstoffproben und sicherten die Unterlagen über die Wartung der Maschine.

Russische Experten werden an der Unfalluntersuchung beteiligt, sicherten die ägyptischen Behörden zu. Ein Flugzeug des Katastrophenschutzes mit einer hochrangigen Delegation an Bord flog am Samstag Abend von Moskau nach Kairo.



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