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Foto: jm/.rufo |
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Dienstag, 05.07.2005
Königsberg und Kaliningrad feiern vereintSt. Petersburg. Das 750-Jahr-Jubiläum in Russlands baltischer Exklave: Eine schizophrene Stadt findet zu sich selbst. Ein Kommentar von Lothar Deeg
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„750 Jahre Kaliningrad“ stand auf den Festplakaten. Es war ein seltsamer Geburtstag, den die Ostseestadt da feierte: Denn Kaliningrad, das auf den Kriegsruinen Königsbergs errichtet wurde, zählt als russische Stadt kaum 60 Lenze.
Der große Rest der Stadtgeschichte ist deutsch und preußisch und wurde bis dato offiziell eher ignoriert als gepflegt. Deshalb gab es auch ein langes Hin und her zwischen dem Kreml und den Behörden der Exklave, ob es hier überhaupt ein Jubiläum zu feiern gibt. Spät gab Präsident Putin dann seinen Segen vielleicht hat seine Schwiegermutter bei ihm ein gutes Wort für die Stadt eingelegt, in der sie vor noch gar nicht langer Zeit lebte.
Pragmatisches Verhältnis
Denn die Kaliningrader selbst haben inzwischen ein pragmatisches Verhältnis zu ihrer Lokalgeschichte entwickelt. Sie betrachten den Dom und die alten Pflastersteine, das Kant-Grab und die Festungswälle als wesentliche Zeugnisse der Identität ihrer Stadt - und machen kein Tabu daraus, dass sie damals Königsberg hieß.
Viel mehr bedrückt es heute die knapp eine Million Menschen zählende Bevölkerung, dass sie geografisch und politisch zwischen den Stühlen sitzt. Eingekreist von EU-Territorium, abgeschnitten von wesentlichen Transportwegen und ohne solide Wirtschaftsbasis - zu Sowjetzeiten wurde hier nur in Militärstützpunkte investiert.
Eine solche Lage würde ein ganzes Paket von Sonderregeln und Förderprogrammen erfordern, damit die Region nicht zu einem Loch in der europäischen Landkarte wird. Doch zu mehr als einer Regelung über Personen-Transitzüge durch Litauen haben sich Moskau und Brüssel nicht verständigen können: Es gab zwischen West und Ost immer „größere“ Probleme zu lösen. So wissen beide Seiten bis heute nicht recht, wie diesem territorialen Sonderling die Zukunft gesichert werden kann.
Bekenntnis zur deutschen Vergangenheit und russischen Gegenwart
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Immerhin, das Stadtjubiläum hat einiges bewegt: Nicht nur, dass das schäbig wirkende Zentrum endlich optisch aufgefrischt wurde. Die vom Staat finanzierte Sanierung des Königstors bedeutet ein Bekenntnis zur preußischen Historie, die Einweihung einer orthodoxen Kathedrale verkörpert hingegen das Wurzelschlagen der russischen Bevölkerung.
Erstmals kam auch ein deutscher Bundeskanzler dorthin ganz ohne Besitzansprüche, denn Putin trat als einladender Hausherr auf. Die Universität trägt nun den Namen von Immanuel Kant dem in beiden Ländern geschätzten größten Sohns der Stadt. Und als „kategorischer Imperativ“ der weiteren Politik darf nun das Jubel-Motto gelten, dass dies eben „eine russische Stadt in Europa“ ist.
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Wenn nun in Sachen Kaliningrad auf russischer Seite die Bunkermentalität weiter aufweicht und bei deutschen wie europäischen Politikern die Angst schwindet, sich mit diesem Regionalproblem die Finger schmutzig zu machen, sollte es in Ex-Nordostpreußen doch wieder voran gehen - seinen Bewohnern, Nachbarn, Freunden und auch allen von dort Gebürtigen zuliebe.
(ld/.rufo)
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