Mittwoch, 23.03.2005
Oberst Kwatschkow bisher das einzige OpferMoskau. Der Anwalt von Alexander Kwatschkow, dem mutmaßlichen Attentäter auf Anatoli Tschubais, hat gegen die Inhaftierung seines Mandanten geklagt. Die Staatsanwaltschaft habe keinerlei Beweise gegen den Oberst a.D. des Armeegeheimdienstes GRU, sagte er der Tageszeitung „Kommersant“.
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Nach den Worten des Anwalts Wladimir Lewin hielt Kwatschkow am Donnerstag vor einer Woche tatsächlich kurz vor dem Attentat mit seinem Auto an einem Baumarkt unweit des Tatortes. Augenzeugen merkten sich die Autonummer, und die Ermittler fanden den grünen Saab vor Kwatschkows Haus. Auf den ersten Blick passte alles wunderbar zusammen. Der Oberst war einer der führenden Experten für Sprengstoffanschläge. In Afghanistan und Tschetschenien hatte er covered actions vorbereitet und in Ex-Jugoslawien serbische Generäle beraten.
Kwatschkow hätte für 100prozentiges Ergebnis gesorgt
Man könne sich kaum vorstellen, dass ein Mann mit solcher Erfahrung sollte er es wirklich gewesen sein - mit dem eigenen Auto, ohne die Kennzeichen ausgewechselt zu haben, zum Tatort gekommen war und es hinterher an seinem Haus abstellte, argumentiert Lewin. Ein Ex-Kollege des Obersten formulierte es noch einfacher. „Hätte Kwatschkow den Anschlag geplant, so wäre das Ergebnis 100prozentig gewesen“, sagte er.
Attentat oder Inszenierung?
Dieser sei indes äußerst stümperhaft vorbereitet und ausgeführt worden, heißt es. Die selbstgemachte Bombe hätte der gepanzerten Tschubais-Limousine selbst bei einem Volltreffer keinen Schaden zufügen können. Der sinnlose Schusswechsel zwischen den Terroristen und den Leibwächtern habe erst begonnen, als der Beamte längst weg war. Niemand habe dabei auch nur einen Kratzer abbekommen, so als habe niemand getroffen werden sollen, so der Experte. Er schloß eine „Inszenierung“ nicht aus.
Keine Beweise gegen den Oberst
Laut Lewin wurde nur eine Schrotflinte in der Wohnung des Obersten gefunden. Das anfangs erwähnte Sprengstoffpäckchen müssen die Beamten selbst mitgebracht haben, von Geschosszündern, die bei nochmaliger Durchsuchung sichergestellt wurden, ganz zu schweigen. Auch waren Tschubais und Kwatschkow anders als anfangs behauptet keine Datschennachbarn. Der Oberst wohnte vielmehr auf der anderen Straßenseite 20 Kilometer weiter hinaus. Kwatschkows Äußerung, er möge den „Vater der Voucherprivatisierung“ nicht leiden, kann sicher nicht als Beweis dienen. Sonst müsste man halb Russland verhaften.
Anschlag gegen Kwatschkow?
Kwatschkow verweigert laut Anwalt Lewin die Aussagen. Im Grunde genommen ist er das einzige Opfer des Anschlags. Er war derjenige, der den tschetschenischen Terroristen Schamil Bassajew auf ein Minenfeld gelockt hatte. Damals verlor dieser einen Fuß samt Unterschenkel und kam nur durch ein Wunder mit dem Leben davon. Nach Angaben der „Komsomolskaja Prawda“ wurde Kwatschkow danach von den Rebellen auf der Liste der zum Tode Verurteilten gesetzt. Ohne jeden Grund gaben die Ermittler seine Identität preis. Er ist nunmehr der Rache der Rebellen ausgeliefert. War es etwa ein Anschlag auf Kwatschkow?
Tschubais will Kraftwerke privatisieren
Tschubais erklärte unterdessen am Rande einer Energietagung in Moskau, er sei mit dem von der Staatsanwaltschaft erreichten Fortschritt voll zufrieden. Nach dem Anschlag hatte der Präsident Wladimir Putin ihn angerufen und nach Einzelheiten gefragt. Jetzt rechnet der Chef der Strombehörde, dass die umstrittene Privatisierung der Kraftwerke endlich vom Fleck kommen wird. Was die Versteigerung angeht, so soll sie laut Tschubais „in strenger Übereinstimmung mit Regierungsbeschlüssen erfolgen“.
(adu/.rufo)
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