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Tatverdächtig: Oberst Wladimir Kwatschkow (foto: newsru)
Freitag, 18.03.2005

Ex-Oberst wegen Tschubais-Attentat verhaftet

St. Petersburg. Die Ermittlungen wegen des Bombenanschlags auf den russischen Energiemanager und Politiker Anatoli Tschubais hatten ungewöhnlich schnell Erfolg: Noch am gleichen Tag wurde ein Ex-Oberst verhaftet, der sich in der Armee als Experte für Spezialeinsätze profiliert hatte. Umso erstaunlicher, dass das Attentat misslang und die Täter jede Menge Spuren hinterließen.

Auf die Spur des 57 Jahre alten pensionierten Offiziers kam die Polizei durch die Befragung von Zeugen in Tatortnähe: Zwei Bauarbeiter hatten beobachtet, wie die beiden in Tarnanzüge gekleideten Attentäter einen Kilometer vom Tatort entfernt aus dem Wald kamen und in einen dort schon lange wartenden Saab stiegen. Die Autonummer hatten sie sich gemerkt: Wie sich herausstellte, gehört das Fahrzeug der Ehefrau von Wladimir Kwatschkow, einem zuletzt als ziviler Berater bei einem Institut des Verteidigungsministeriums arbeitenden pensionierten Oberst.

Der Tatverdächtige: ein Agent 007 der Sowjetarmee?

Kwatschkow war während seiner Dienstzeit in Afghanistan und Tadschikistan zum Experten für Einsätze von Sonderkommandos geworden und hat sogar ein Buch über die russischen Spezialeinheiten geschrieben. Das gesuchte Auto stand vor seiner Moskauer Wohnung, wo der Oberst verhaftet wurde. Auf Kwatschkows Datscha fanden die Fahnder noch ein Jagdgewehr und ein Sprengstoffpäckchen. Eine Expertise soll nun prüfen, ob es sich um das gleiche Material handelt, aus dem die gegen Tschubais gerichtete Bombe gebaut wurde.

Ein Indiz ist aber auch der Ort der Datscha selbst: Sie befindet sich in der gleichen Vorstadt-Siedlung nahe Moskaus, in der auch Tschubais wohnt.

Das Attentat wurde nach Einschätzung von Experten exakt so durchgeführt, wie militärische Sonderkommandos einen Hinterhalt legen würden: Eine Bombe am Straßenrand soll das anzugreifende Fahrzeug von der Fahrbahn werfen oder zum Halt bringen. Schützen mit Kalaschnikows sollten dann die aussteigenden Insassen niedermähen. Bei der Tatortbesichtigung wurden fünf im Schnee angelegte und mit Zweigen getarnte Schützenlöcher gefunden.

Lebensrettende Fehler der Attentäter

Sofern Kwatschkow den Anschlag auf seinen prominenten Nachbarn tatsächlich organisiert haben sollte, so hat er seine professionellen Kenntnisse im Ruhestand offenbar gründlich verlernt: Denn die Bombe war im Straßengraben falsch platziert, ihre Druckwelle schlug mehr in die Bäume als auf die Fahrbahn – und auch dort traf sie eher den Lada eines von der Arbeit heimkehrenden Nachtwächters und weniger das Auto von Tschubais, das in diesem Moment zum Überholen ausscherte. Und die Sprengkraft hätte wohl nur ausgereicht, um einen hochbeinigen Militär-Jeep aus dem Gleichgewicht zu bringen, nicht aber eine schnell dahinrasende gepanzerte VIP-Limousine.

Inzwischen wurde auch ein ehemaliger Dienstkamerad von Kwatschkow zur Fahndung ausgeschrieben. Wenn Kwatschkow tatsächlich den Anschlag organisiert haben sollte, stellt sich nun die Frage, ob er ihn auch initiiert hat. Als Motiv kämen bei ihm Neid, persönlicher Hass oder auch nur ein schlichter nachbarschaftlicher Konflikt in Frage. Möglicherweise wollten aber auch fremde Auftraggeber die Fach- und Ortskenntnisse des Ex-Oberst nutzen, um den Chef des Strommonopolisiten RAO EES zu beseitigen.

Bei russland.aktuell.RU
• Tschubais entkommt knapp einem Anschlag (17.03.2005)
• Anschlag auf Tschubais ein Racheakt? (18.03.2005)
Kwatschkow selbst verneinte zunächst seine Beteiligung an dem Anschlag – denkbar wäre ja auch, dass der Anschlag auf Tschubais im Rahmen einer fintenreiche Intrige gegen den Oberst nur fingiert wurde. Ob Kwatschkow selbst am Steuer des Fluchtwagens saß, dürfte in Kürze geklärt sein: Denn dessen wartender Fahrer hinterließ – nichts ahnend oder aus Dilletantismus – auch noch sechs Zigarettenkippen im Schnee, die nun genetisch untersucht werden.
(Lothar Deeg, .rufo)


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