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Bislang das einzige Autowerk im Raum Petersburg: Die Ford-Fabrik in Wsewoloshsk (foto: Ford) |
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Freitag, 15.04.2005
Toyota und Mercedes bauen Werke in PetersburgSt. Petersburg. Die Kulturhauptstadt entwickelt sich zum „russischen Detroit“: Sowohl Toyota als auch Daimler-Chrysler wollen Autowerke in St. Petersburg errichten. VW zieht es hingegen in den Raum Moskau.
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Schlüsselmoment für die Entscheidung ist ein für diese Tage von der Regierung erwarteter Erlass über Zollerleichterungen für die Einfuhr von Autokomponenten für die Serienfertigung. Wird das Regelwerk verabschiedet, bedeutet das grünes Licht für weitere westliche Hersteller, Produktionsanlagen in Russland zu errichten.
Toyota hat intern schon entschieden
Bei Toyota wird zwar offiziell noch immer zwischen Standorten in St. Petersburg, Nischny Nowgorod und im Moskauer Gebiet abgewogen, aber die Entscheidung ist intern offensichtlich schon gefallen: So erhielt nach Angaben des „Delowoj Peterburg“ das russisch-schwedische Ingenieurbüro SCCK bereits den Auftrag zur Generalplanung des Werkes im Industriegebiet von Schuschary im Süden Petersburgs.
Swetlana Ganijewa, die für die Investitionspolitik beim Ministerium für Wirtschaftsentwicklung zuständigen Abteilungsleiterin, bestätigte am Donnerstag die Wahl dieses Standortes. Toyota wird dort zunächst Kapazitäten für 25.000 Autos jährlich schaffen und will auch die städtischen Bedingungen für die Förderung strategischer Investoren eine Mindestinvestition von drei Mrd. Rubel (830 Mio. Euro) erfüllen.
Später könnte das Werk auf eine Kapazität von 100.000 Fahrzeugen ausgebaut werden. Damit entspricht es in seinen Dimensionen etwa dem Ford-Montagewerk im Petersburger Vorort Wsewoloschsk, wo der Focus für den russischen Markt gebaut wird. Offiziell verkündet werden soll das Projekt am 26. April. Voraussichtlich wird der Golf-Konkurrent Corolla als erstes Modell vom Band rollen.
Möglicherweise hängt der für nächste Woche geplante Japan-Besuch des russischen Industrieministers Viktor Christenko auch mit den Toyota-Plänen in Russland zusammen.
Ford ist nicht mehr lange allein auf weiter Flur
Im Unterschied zu Ford, das im Leningrader Gebiet zuhause ist, liegt der Toyota-Standort aber auf Stadtgebiet wohin dann auch die Steuern fließen werden. Damit nicht genug, die Heimatstadt von Präsident Putin dürfte alsbald auch noch ein zweites Autowerk in ihren Mauern wissen: Auch die Mercedes-Mutter Daimler-Chrysler geht schon lange mit Plänen für eine Fertigung in Russland schwanger.
Die Standortfrage sei dabei zwar noch nicht endgültig entschieden, verriet dieser Woche bei einer Präsentation der russischen Nordwestregion in Stuttgart Klaus Mangold, seines Zeichens Vorsitzender des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft und zugleich Vorstands-Berater des Stuttgarter Konzerns. „Aber wir haben einen Favoriten. Das ist St. Petersburg“, erklärte Mangold im Gespräch mit russischen Journalisten.
Mercedes und Toyota Grundstückskonkurrenten
Konkreter wurde bei der gleichen Veranstaltung der Petersburger Vize-Gouverneur Michail Ossejewski: Daimler-Chrysler wähle momentan zwischen zwei Standorten auf Petersburger Gebiet: Schuschary oder Metallostroj. Wer sich dabei als erster für das nahe der im Bau befindlichen Ringautobahn gelegene Grundstück in Schuschary entscheide, erhalte den Zuschlag.
Wenn Toyota also jetzt bei seinen Plänen schnell Nägel mit Köpfen macht, werden die Mercedes made in Russia zwangsweise aus dem Vorort mit dem treffenden Namen „Metallbau“ kommen. Allerdings hält sich DaimlerChrysler nach wie vor damit bedeckt, welche Fahrzeuge dort geschmiedet werden sollen: Es könnten nämlich auch Lkw oder Lieferwagen sein ...
Überwindet VW seine Zweifel?
Auch Volkswagen wird nach dem Inkrafttreten der Importerleichterungen wohl seine jahrelangen Sondierungen nach einem Russland-Standort für beendet erklären: „Wir hoffen im Mai mit VW eine Investitionsvereinbarung über den Bau eines Werkes in Stupino zu unterzeichnen“, erklärte der Zeitung „Wedomosti“ ein Beamter der Regierung des Moskauer Gebietes. Diese Information bestätigte der Zeitung das Wirtschaftsentwicklungsministerium. Demnach sollen dort die Modelle Bora, Pointer (ein VW-Kleinwagen aus Brasilien) und Skoda-Typen gebaut werden.
Einige Schritte weiter ist schon Renault, das dieser Tage in seinem neuen Moskauer Werk die Fertigung des als Billig-Autos konzipierten Logan anlaufen ließ. General Motors hat sich hingegen mit Lada verbandelt und lässt jetzt in einem gemeinsamen Werk in Togliatti den alten Opel Astra als Chevrolet Viva vom Band laufen.
Ansturm auf Westautos lockt Konzerne nach Russland
Ursache für den plötzlichen Ansturm der Weltkonzerne auf den russischen Automarkt ist weniger die aktuelle Senkung der Zölle auf die Komponenten, als die geradezu explodierende Nachfrage unter den russischen Autofahrern nach fabrikneuen „Westautos“: Statt etwa 110.000 vor zwei Jahren und 200.000 im Vorjahr wurden 2004 schon über 350.000 solcher Fahrzeuge verkauft.
Die Gründe sind nicht nur die wachsenden Einkünfte und die zunehmend attraktiveren Privatkreditangebote der Banken, sondern auch die von Jahr zu Jahr wachsende technische Rückständigkeit der heimischen Produkte von Lada, GAZ, UAZ und Izh: Deren Produktion und Absatz der Export ist nur geringfügig liegt relativ stabil bei einer Mio. Autos pro Jahr.
Wer in Russland produziert, ist klar im Vorteil
Die echten Gewinner waren 2004 dagegen jene Werke, die schon heute Westprodukte zu den günstigen russischen Arbeitskosten im Lande produzieren: Ford legte um 80 Prozent zu und Avtotor in Kaliningrad, ein Montagebetrieb für Kia, GM und BMW zugleich, um 70 Prozent. Das Autowerk Tagaz im südrussischen Taganrog stieß statt 6.000 gar 27.000 Hyundai-Modelle für den russischen Markt aus.
Russland ist damit dank seines Wachstumspotenzials einer der attraktivsten Automärkte der Welt und für die in Amerika und Europa von einer Nachfrageflaute geplagte Branche geradezu ein gelobtes Land. Allerdings mit der Einschränkung, dass der Staat nun darauf abzielt, weniger Neuwagen als gleich ganze Autowerke zu importieren.
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Wie Industrieminister Viktor Christenko bei einem Treffen mit Präsident Putin darlegte, dürfte sich die Fertigungskapazität der ausländischen Konzerne von gegenwärtig 180.000 Autos bis 2010 auf 800.000 bis 900.000 erhöhen. Spätestens dann dürften russische Autos nicht mehr automatisch mit lahmen Ladas und behäbigen Wolgas gleichgesetzt werden.
(ld/.rufo)
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Containerumschlag im Hafen von St. Petersburg: Auf diese Weise importiert Russland vor allem - exportiert werden vorrangig Rohstoffe wie Öl, Gas, Metall und Holz.(Topfoto:Deeg/.rufo)
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