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Der Ural ist das Schwergewicht unter den russischen Trucks
Der Ural ist das Schwergewicht unter den russischen Trucks
Mittwoch, 12.04.2006

Russlands LKW-Bauer kommen in Schwung

André Ballin, Moskau. Während die Produktion von Fahrzeugen in Russland weiter rückläufig ist, brachte das Jahr 2005 der LKW-Branche einen leichten Zuwachs. Um zwei Prozent auf 206.300 LKW erhöhte sich die Produktion.

Verglichen mit den Steigerungsraten des LKW-Imports ist das freilich bescheiden. Um über 35 Prozent auf insgesamt 41.400 Fahrzeuge steigerte sich der LKW-Import 2005. Und dabei kaufen die russischen Spediteure längst nicht mehr nur das, was in Westeuropa sowieso nicht mehr auf den Straßen fahren darf. Im Schnitt waren die Neuerwerbungen 2005 deutlich teurer als im Jahr zuvor. Dies schlug sich auch im Gesamtwert der Einfuhren nieder. Diese beliefen sich auf 622,9 Mio. USD (513 Mio. Euro) gegenüber 395,7 Mio. USD (325,9 Mio. Euro) im Jahr 2004.

Russlands Maschinenbauer klagen über niedrige Einfuhrzölle


An der Entwicklung seien die niedrigen Einfuhrzölle schuld, beklagten sich bereits Ende vergangenen Jahres russische Maschinenbauer. Da der Zoll lediglich fünf Prozent betrage, hätten viele große LKW-Bauer keine Motivation, in den russischen Markt zu investieren. Eine Anhebung der Einfuhrgebühren sei daher dringend erforderlich, mahnten sie.

Dabei müssen sich die russischen Maschinenbauer eigentlich keine Sorgen um ihre Zukunft machen, meint Juri Kotljarow, stellvertretender Leiter des Moskauer Analysezentrums für Nutzfahrzeuge „ASM-Holding“. Demnach wird der russische LKW-Markt auch in den kommenden Jahren deutlich wachsen. „In diesem Jahr gibt es eine Produktionssteigerung, da die Nachfrage von den bisherigen Produktionsziffern nicht gedeckt werden kann. Auch in den Folgejahren bis 2010 wird der Markt wachsen“, prognostiziert Kotljarow.

Leasing und Kredite als Wachstumsspritzen für die LKW-Branche


Dies sei vor allem darauf zurückzuführen, dass viele Unternehmen jetzt aktiv ihren Fuhrpark modernisieren, erläutert Roman Guljajew, Verkehrsexperte der Moskauer Wirtschaftszeitung „Business“, einen der Gründe für die weiter steigende Nachfrage nach LKW. „Hinzu kommt, dass nun günstige Leasing-Schemen für Spediteure aufkommen und dementsprechend werden allein schon die finanziellen Bedingungen den Markt vorantreiben.“

Möglich werden die angesprochenen Leasing-Schemen dadurch, dass die russischen Leasing-Firmen nun auf syndizierte Kredite zurückgreifen können. Der Zusammenschluss mehrerer Banken, um einen größeren Kredit zu gewährleisten, mindert das Risiko für den Einzelnen. Niedrigeres Risiko bedeutet auch niedrigere Zinsen – eine Rechnung, die am Ende auch vorteilhaft für den Spediteur ist. Einen ersten solchen Kredit in Höhe von 40 Mio. USD hat die Leasingfirma „Evroplan“ an Land gezogen.

Im Bereich Leasing von Nutzfahrzeugen nimmt der russische LKW-Bauer KamAZ landesweit den 3. Platz ein, übertroffen lediglich von den Skandinaviern Volvo und Scania.

KamAZ: dank robuster Technik Seriensieger bei Rallye Dakar


KamAZ ist bei den Spediteuren wegen seiner Robustheit gefragt. Er kann Wüstensand genau so ertragen wie das russische Straßennetz
KamAZ ist bei den Spediteuren wegen seiner Robustheit gefragt. Er kann Wüstensand genau so ertragen wie das russische Straßennetz
Doch KamAZ (russ. Abkürzung für Autowerk an der Kama) hat vor allem im Bereich der 5- bis 20-Tonner eine hervorragende Marktposition in Russland. Im Jahr 2005 produzierten die Tataren über 32.000 LKW und steigerten ihren Reingewinn um die Hälfte auf über 306 Mio. Rubel (9 Mio. Euro). Die Teilnahme an der prestigeträchtigen Rallye Dakar (früher Paris – Dakar) nutzt der Konzern erfolgreich zur Imagewerbung. Die letzten fünf Jahre in Folge gewann KamAZ das Rennen, 2006 unter anderem vor dem deutschen Konkurrenten MAN.

Die Erfolge des Konzerns in der Wüste sind nicht zufällig, denn die Straßenverhältnisse in Russland sind zumindest in einigen Regionen nicht viel besser als in Afrika. Doch die Trucks sind (im wahrsten Sinne des Wortes) unverwüstlich. Vor allem für kürzere Strecken ist der KamAZ geeignet. Die Popularität des LKW beruht vor allem auf seiner Robustheit sowie der leichten und kostengünstigen Beschaffung von Ersatzteilen. Von Nachteil ist der hohe Benzinverbrauch, der bei 100 km immer noch etwa 10 Liter über dem Verbrauch eines europäischen LKW liegt. Freilich sind in Russland die Benzinpreise, verglichen mit dem europäischen Maßstab, moderat.

Die Produktion liegt inzwischen wieder bei 3.400 Fahrzeugen im Monat – genau so viel wie vor dem Brand des KamAZ-Motorenwerkes 1993. Das Unglück damals hat der Konzern zu einer gründlichen Modernisierung genutzt. Für 200 Mio. USD wurde moderne Technik in Japan und Europa eingekauft. KamAZ-Motoren waren die ersten in Russland, die der Euro 3-Abgasnorm entsprachen.

Gibt GAZ auf dem europäischen Markt Gas?


Gazelle ist ein Kleintransporter (Foto: gaz.ru)
Gazelle ist ein Kleintransporter (Foto: gaz.ru)
Während KamAZ in erster Linie die mittelschweren LKW abdeckt, hat der Autokonzern GAZ aus Nischni Nowgorod im Bereich der leichten LKW seine Marktnische gefunden. Das Hauptprodukt (neben dem Wolga), der Kleintransporter „Gazelle“, kann Nutzlast bis zu 1,5 t transportieren. Bei der Auto-Messe in Hannover will sich der Konzern in diesem Jahr auch den europäischen Verbrauchern präsentieren.

In dem Strategie- und Entwicklungsprogramm bis 2011 sind Investitionen von einer Milliarde USD geplant, um den Konzern zu modernisieren. Schon 2009 soll das Gazelle-Nachfolgemodell „Gazelle-2“ herauskommen.

Roman Guljajew ist zwar skeptisch, dass das Modell den europäischen Markt erobern werde, weil einfach zu wenig Geld für eine entsprechende Vermarktung da sei, doch zumindest nach Konzernangaben soll die Gazelle-2 absolut konkurrenzfähig sein. „GAZ wird zumindest darauf setzen, dass Gazelle-2 von der Qualität nicht schlechter als der Ford Transit ist, vom Preis her aber deutlich günstiger“, glaubt Guljajew.

Ural – Schwergewicht unter den russischen Trucks


GAZ gehört wie auch das Uljanowsker Motorenwerk (Produzent des UAZ) und das Autowerk „Ural“ zur Maschinenbauholding RuspromAvto. „Ural“ deckt dabei vor allem den Bereich der Schwerlaster ab. In dem Bereich muss er zumindest teilweise in harte Konkurrenz zu den Importfahrzeugen treten. Im offroad-Bereich hat das Werk jedoch eine Ausnahmestellung. „Ural“-Schwertransporter decken etwa 70 % des russischen Marktes ab.

Bei Russland-Aktuell
• Neues Gesetz blockiert Kaliningrader Spediteure (04.04.2006)
• Oldtimer Wolga bekommt von GAZ noch eine Chance (13.03.2006)
• Lada setzt sich ehrgeizige Ziele – mit Staatsgeld (03.02.2006)
• Daimler verzichtet auf Mercedes–Werk in Russland (16.12.2005)
• Speditionen in Russland: Verantwortlich für alles (13.09.2005)
Das Wachstum der letzten Jahre (2004 +13,5%, 2005 +11,6%) kann sich sehen lassen und lässt die Konzernführung optimistisch in die Zukunft blicken. Anfang 2006 hat der Betrieb sogar ins Ausland expandiert. Für das vietnamesische Militär werden in einem Joint-Venture 50 km von Hanoi entfernt „Ural“-offroad-Laster zusammengeschraubt.

Internationale Marken kommen nach Russland


Doch auch in Russland entwickeln sich gerade in letzter Zeit internationale Joint-Ventures. Der südkoreanische Auto-Produzent Hyundai baut seit Anfang des Jahres in der tatarischen Stadt Jelabug mit einem dort ansässigen Fahrzeug-Bauer Busse und Kleintransporter. In den nächsten fünf Jahren soll sich die Produktion der Kleintransporter auf 12.000 pro Jahr belaufen.

In der südrussischen Stadt Taganrog, im Gebiet Rostow-am-Don ist eine weitere Produktionsstätte angedacht. In dem geplanten Montagewerk sollen ab August mittelschwere LKW von Hyundai zusammengeschraubt werden.

Wachstum fest eingeplant


„Das alles ist nur gut für die russische Autoindustrie. Nicht umsonst hat die Regierung die Zollschranken für etwa 300 Ersatzteile auf Null Prozent gesenkt“, sagt Analyst Kotljarow. Dass die Konkurrenz aus dem Ausland den russischen Betrieben den Markt streitig machen könnte, glaubt er nicht. „Russische Produzenten werden in den nächsten Jahren keine Probleme haben“, sagt Kotljarow.

Das beständige Wirtschaftswachstum, der Ausbau des russischen Straßennetzes mit Hilfe mautfinanzierter Einzelstrecken (Pilotprojekt Moskau –St. Petersburg) und der damit einhergehende Anstieg des Warentransports lassen tatsächlich begründeten Optimismus für die LKW-Branche aufkommen. Davon werden nicht nur die russischen Produzenten, sondern auch ausländische LKW-Produzenten profitieren.


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