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Bleibt eine Einigung vor dem Jahreswechsel aus, dreht Gazprom Minsk den Gashahn zu (Foto: NTW/newsru) |
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Dienstag, 26.12.2006
Neuauflage des Gaskriegs diesmal mit Minsk?St. Petersburg. Die Preisverhandlungen über russische Gaslieferungen nach Weißrussland sind bisher ergebnislos. Gazprom droht deshalb schon offen mit einer Abschaltung zum 1. Januar wie vor einem Jahr der Ukraine.
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Wie durch die Ukraine laufen auch durch Weißrussland Transit-Pipelines, durch die der in Russland geförderte Energieträger nach Westeuropa fließt.
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Theoretisch könnte eine Neuauflage des russisch-ukrainischen Gaskriegs, mit dem das Jahr 2006 begann, also auch die Energieversorgung der EU-Staaten beeinträchtigen. Nachdem Russland damals wegen ergebnisloser Preisverhandlungen die Lieferungen für den ukrainischen Eigenbedarf für einige Tage stoppte, hatte sich die Ukraine für andere Abnehmer bestimmtes Gas aus den Fernleitungen abgezapft.
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Energieversorgung in Gefahr
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Gazprom und Weißrussland verhandeln zwar schon seit Monaten, sind aber bisher nicht zu einer Einigung gekommen. Nun brachen Gazprom-Sprecher das dezente Schweigen und drohten Minsk offen mit der Einstellung der Lieferungen, wenn es nicht bis zum Jahreswechsel zu einer Einigung auf neue Preise kommt: Der gegenwärtige Vertrag über Gaslieferungen nach Weißrussland gilt noch sechs Tage. Die Verhandlungsposition Weißrusslands ist verantwortungslos und bringt die Energieversorgung des Landes in Gefahr, sagte am Montag Abend ein Gazprom-Sprecher in Moskau.
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Bislang zahlt Weißrussland weniger als jedes andere Land für russisches Erdgas: Der Tarif liegt bei 46,7 Dollar für 1000 Kubikmeter und damit auf dem Niveau der russischen Inlandspreise. Wie schon im letzten Jahr im Falle der Ukraine will Russland aber nun auch dieses Nachbarland nicht mehr mit Billig-Gas subventionieren. Der halbstaatliche Gasmonopolist Gazprom will 2007 von Minsk annähernd den Weltmarktpreis von 200 Dollar bekommen.
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Minsk will soviel bezahlen wie Smolensk
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Die Weißrussen bestehen aber weiterhin auf einer Sonderrolle: Wie am Rande der Verhandlungen in Moskau bekannt wurde, zeigen sich Lukaschenkos Handelsvertreter nur bereit, in Zukunft den gleichen Gaspreis wie das grenznahe russische Gebiet Smolensk zu bezahlen: Dort berappt man im nächsten Jahr 54,2 Dollar für 1000 Kubikmeter des blauen Feuerchens aus der Tundra.
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Bei den Verhandlungen geht es nicht nur um den reinen Dollarpreis, sondern auch um eine mögliche Teilverrechnung mit Aktien des weißrussischen Pipeline-Betreibers Beltransgas. Die Gründung eines Joint-Ventures im Gegenzug für die günstigen russischen Lieferungen wurde zwar schon 2002 vereinbart, aber bisher nicht umgesetzt schon allein, weil Minsk sein Rohrleitungssystem achtmal teurer einschätzte als die Russen. Im Rahmen dieses Dauerstreits kam es Anfang 2004 auch schon einmal zu drei kurzfristigen Gas-Sperren für Weißrussland. Lukaschenko beschuldigte damals den Kreml des Terrorismus.
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Ehekrise schon lange vor der Staaten-Heirat
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Zwischen Russland und Weißrussland besteht zwar formell ein Staatenbund und man beteuert sich immer wieder gegenseitig, dass man eigentlich eine Währungsunion und in der Perspektive auch eine Union beider Staaten anstrebt. Konkrete Schritte in dieser Richtung werden aber schon seit Jahren nicht mehr gemacht im Gegenteil: Beide Länder beharken sich immer wieder mit neuen Handels-und Verkehrsbeschränkungen.
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Auch Lukaschenko persönlich ist in in letzter Zeit in Moskau nur noch schlecht gelitten schon allein, weil er den Unionsstaat auf gleichberechtigter Basis der beiden höchst unterschiedlich dimensionierten Staaten verwirklichen will. Außerdem ärgert es den Kreml, dass die Weißrussen die zwischen beiden Ländern bestehenden Zollvergünstigungen nicht nur für den Eigenbedarf nutzen, sondern billig eingekaufte russische Rohstoffe wie etwa Erdöl für den Export aufbereiten.
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Keine Panik: Gazprom hat strategische Vorräte im Westen angelegt
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Nach Angaben der Zeitung Kommersant hat sich Gazprom diesmal aber strategisch besser auf einen Lieferstopp vorbereitet als im Vorjahr: Um eventuelle Verluste in den weißrussischen Transitleitungen nach Polen, Litauen sowie in die russische Exklave Kaliningrad ausgleichen zu können, seien unterirdische Gaszwischenlager im Baltikum und in Deutschland aufgefüllt worden.
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Dies dürfte helfen, die Aufregung im Westen in Grenzen zu halten, falls es zu Störungen im Gasfluss kommt. Ohnehin würde sie wohl bescheidener ausfallen, da ein wesentliches Moment des vorjährigen Gaskrieges fehlt: Während damals in der Ukraine die prowestlichen und mit viel Sympathie bedachten Orangenrevolutionäre an der Macht waren, ist Weißrusslands autokratischer Herrscher Alexander Lukaschenko der politische Buhmann Europas.
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Für Russlands Image wäre ein offener Gas-Konflikt mit ihm vielleicht sogar förderlich: Immerhin würde er beweisen, dass man mit dem Gashahn nicht politische Forderungen, sondern schlicht gerechte ökonomische Interessen durchsetzt und dies eben auch gegenüber den eigenen engen Alliierten. Mit Georgien, in diesem Jahr im Rahmen einer reichlich hysterischen Kreml-Kampagne zu Russlands neuem Intimfeind aufgebauscht, hat sich Gasprom übrigens unlängst friedlich auf einen neuen Gaspreis für 2007 geeinigt. Er soll bei 235 Dollar liegen. (ld/rufo)
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