|
|
Igor Setschin meldet Putin Vollzug: TNK-BP wird Rosneft angegliedert, der Kreml bekommt so seinen Haus-Ölmulti (Foto: TV/.rufo) |
|
Montag, 22.10.2012
Der Kreml schmiedet den weltgrößten Ölkonzern: RosneftMoskau. Was Gazprom für den Erdgasmarkt, dürfte nach der Übernahme von TNk-BP in Zukunft Rosneft im Ölgeschäft sein: International agierender Branchenprimus und zugleich Geldmaschine und Wirtschaftswaffe des Kremls.
|
|
Eine Schlüsselrolle bei der Schaffung des neuen Ölgiganten spielt BP: Der britische Konzern trennt sich von seinem 50-Prozent-Anteil am russischen Joint-Venture TNK-BP. Es hatte den Briten zwar in den letzten Jahren immer satte Dividenden, aber auch viel Streit mit den russischen Miteigentümern unter dem Namen AAR eingebracht: Dahinter verbirgt sich ein Konsortium aus den Holdings der Millardäre Michail Fridman, Leonid Blavatnik und Viktor Wechselberg.
|
Schon am Freitag hatte der Aufsichtsrat von BP einstimmig grünes Licht gegeben, seine Hälfte an TNK-BP an den russischen Ölkonzern Rosneft zu verkaufen. Dafür sollen die Briten einen Anteil von 12,5 Prozent der Rosneft-Aktien sowie 17 Mrd. Dollar erhalten.
|
Setschin gibt auf einen Schlag 61 Mrd. Dollar aus
Doch am Montag überschlugen sich die Meldungen unter dem Stichwort Rosneft. Während in London BP den Mega-Deal offiziell bestätigte, erschien Rosneft-Chef Igor Setschin bei Russlands Präsident Wladimir Putin zur Audienz und ließ eine zweite Bombe platzen: Rosneft sei parallel auch mit AAR, den Eignern der anderen TNK-BP-Hälfte, handelseinig geworden, erklärte er.
|
Insgesamt lasse sich Rosneft den Erwerb des drittgrößten russischen Ölkonzerns 61 Mrd. Dollar kosten, so Setschin. Wie der Mega-Deal finanziert wird, behielt er dabei für sich.
|
Der größte börsennotierte Ölkonzern der Welt - ein Kreml-Produkt
Damit wird Rosneft hinsichtlich der Fördermenge (geschätzte 4,5 Mio. Barrel pro Tag) zum größten börsennotierten Ölkonzern der Welt noch vor Exxon, Shell, BP und Chevron. Ein gutes Signal für den russischen und internationalen Energiemarkt, lobte Putin dann auch Setschins Siegesmeldung wobei klar ist, dass Strategie und Taktik dahinter in enger Abstimmung mit dem Kreml erfolgten: Setschin ist ein langjähriger Weggenosse Putins und diente ihm bis zum Frühjahr als Vizepremier.
|
Erst nach Putins Ämter-Rochade mit Dmitri Medwedew wechselte Setschin auf den Chefposten bei Rosneft. Seinen Konzern hat Setschin dabei über Jahre aus dem Kreml heraus aufgepeppelt: Er war seit 2009 Aufsichtsrats-Chef und gilt auch als der Strippenzieher der Affäre, die zur Inhaftierung und Enteignung des eigensinnigen Multimilliardärs Michail Chodorkowski führte.
|
Die Aktiva von dessen 2004 zwangsversteigertem Ölkonzern Yukos bilden heute das wirtschaftliche Rückgrat von Rosneft.
|
Der Staat dominiert wieder die Ölbranche
Trotz Börsengangs befindet sich der Konzern bis heute zu 75 Prozent in der Hand des russischen Staates. Zwar ist das Ölbusiness in Russland nicht so stark monopolisiert wie die Gasförderung durch Gazprom. Aber mit Rosneft dominiert jetzt wieder ein Beinahe-Staatskonzern die Branche, die unter Jelzin schnell unter die Kontrolle von Russlands neuen privaten Öl-Oligarchen gekommen war.
|
Wladimir Putin ist damit seinem erklärten Ziel, Russlands Rohstoffschätze unter staatliche Kontrolle zu stellen, einen großen Schritt näher gekommen. Und wenn nebenbei auch eine der vielen Töchter der Kreml AG zum größten Ölkonzern der Welt avanciert, steht Putins reale internationale wirtschaftspolitische Macht ebenfalls außer Frage.
|
Beifahrer BP bekommt Geld und Ressourcen
Allerdings wird nun auch BP zum Juniorpartner des Ölgiganten: Der Mega-Deal sieht vor, dass die Briten 4,8 Mrd. Dollar aus dem Bar-Verkaufserlös für TNK-BP gleich wieder zurückschicken und dafür vom russischen Staat weitere 4,7 Prozent an Rosneft kaufen.
|
Zusammen mit ihrem schon vorhandenen kleinen Aktienpaket werden sie in Zukunft 19,75 Prozent an Rosneft halten. BP kann in Zukunft wohl zwei Aufsichtsräte in die Führung des Kreml-nahen Ölkonzerns entsenden, meldete die Financial Times.
|
Das bedeutet Einfluss, aber natürlich keine Entscheidungshoheit. Aber damit kann BP leben, denn als Prämie für die Beerdigung des ungeliebten Kindes TNK-BP bekommen sie auch noch 12 Mrd. Dollar in die Hand. Die Mittel werden dringend gebraucht, denn die Beseitigung der Folgen der Bohrinsel-Katastrophe im Golf von Mexiko lastet schwer auf dem Londoner Konzern.
|
BP-Rosneft-Kooperation: Erfolg erst im zweiten Anlauf
Und schließlich haben die Briten nun einen Fuß in der Tür zu viel versprechenden Energieressourcen: Schon 2011 wollte BP zusammen mit Rosneft ein großes Gemeinschaftsprojekt zur Ölförderung im russischen arktischen Schelf eingehen.
|
Doch damals schossen nicht zum ersten Mal die russischen Co-Eigner von TNK-BP quer: Sie seien laut Aktionärsvereinbarung der exklusive Partner für BP-Investitionen in Russland, argumentierten sie erfolgreich vor einem Stockholmer Schiedsgericht. Der Deal platzte bald darauf.
|
Nun können Rosneft und BP ungestört miteinander wirtschaften, wie sie wollen: Die Briten dürfen im Status eines offiziell gebilligten Großinvestors in Russland am Ball bleiben, während Setschin sich bereits darauf freut, in Zukunft das Wissen und die Erfahrung seiner neuen Beifahrer nutzen zu können.
|
Auch dies wird Putin gefallen.
|
|
|
Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓
Schreiben Sie Ihren eigenen Kommentar, nachdem Sie sich hier unten für Kommentare neu registriert haben. Beachten Sie unbedingt die
>>> Regeln für Leserkommentare. Sie können hier oder auch im Forum (
www.forum.aktuell.ru) mitdiskutieren.
Bisher gibt es zu diesem Artikel noch keine Leserkommentare
Überblick aller Leserkommentare zu allen Artikeln >>>