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Präsident Medwedew las Smirnow offenbar die Leviten - aber nicht vor laufenden Kameras (Foto: kremlin.ru)
Präsident Medwedew las Smirnow offenbar die Leviten - aber nicht vor laufenden Kameras (Foto: kremlin.ru)
Donnerstag, 04.09.2008

Kreml zwingt Transnistrien an den Verhandlungstisch

Moskau. „Wir können auch anders“ – dies will Russland offenbar anhand des Dauer-Konflikts zwischen Moldawien und der Dnjestr-Republik beweisen. Tiraspol signalisiert auf russischen Druck hin Verhandlungswillen.

Ähnlich wie Abchasien und Südossetien von Georgien hat sich auch die kleine Dnjestr-Republik (russischer Name: Pridnjestrowje, moldawischer Name: Transnistrien) in einem blutigen Bürgerkrieg 1992 von Moldawien abgespalten. Der schmale Landstreifen zwischen dem Dnjestr und der ukrainischen Grenze (ca. 550.000 Einwohner, Hauptstadt: Tiraspol) wird mehrheitlich von Russen und Ukrainern bewohnt.

Die einseitige Anerkennung des Kosovo durch viele westliche Staaten und die im Georgien-Konflikt von Russland verkündete Anerkennung Südossetiens und Abchasiens war Wasser auf die Mühlen der Separatisten-Regierung in Tiraspol.

Moldawische Separatisten hofften auf Domino-Effekt


Ihr Präsident Igor Smirnow, ein ethnischer Russe, der den de-facto-Kleinstaat seit 1990 führt, machte sich zunehmend Hoffnungen auf eine Staatenwerdung: Die russische Führung hätte mit ihrem Schritt den Vorrang des Selbstbestimmungsrechts der Völker bei der Lösung derartiger Territorialkonflikte demonstriert, erklärte er unlängst.

Nach Beginn des Südossetien-Konfliktes ging Smirnow bewusst auf Konfrontationskurs gegenüber der moldawischen Regierung: Jegliche Gespräche wurden eingefroren, da sich Kischinjow nicht empört über den georgischen Angriff auf Zchinwali gezeigt hatte, sondern eine neutrale Position einnahm.

Bei Russland-Aktuell
• Transnistrien stimmt für Beitritt zu Russland (18.09.2006)
• Russland respektiert Unabhängigkeit Montenegros (23.05.2006)
• Nicaragua erkennt Abchasien und Südossetien an (04.09.2008)
• Medwedew: „Wir wollen keinen Kalten Krieg“ (27.08.2008)
• Russland schafft Fakten: Unabhängigkeit anerkannt (26.08.2008)

Smirnow nimmt Gesprächsfaden wieder auf


Doch die Hoffnung der Separatisten auf Rückendeckung durch den Kreml trog. Am Mittwoch empfing Russlands Präsident Dmitri Medwedew Smirnow in seiner Sommerresidenz in Sotschi – und zog diesem dabei den Zahn namens Unabhängigkeit: Nach dem Treffen erklärte Smirnow, die Verhandlungen mit Moldawien wieder aufzunehmen: „Besser ein schlechter Frieden als ein guter Krieg“. Es soll nun dreiseitige Gespräche mit russischer Beteiligung geben – und Russland wird dabei als Garant für die erzielten Absprachen auftreten.

Vor einer Woche hatte sich Medwedew am gleichen Ort mit seinem moldawischen Amtskollegen Wladimir Woronin getroffen. Schon bei dieser Gelegenheit hatte Russland angedeutet, dass es für diesen „nicht vergleichbaren Konflikt“ eine Lösung ganz ohne Gewalt und Sezession anstrebt – da man den Moldawiern vertraut, dass diese nicht wie Saakaschwili die Armee in Marsch setzen.

Moskau stützt Moldawien - und poliert sein Image


Russland will damit offenbar dem Rest der Welt beweisen, dass es ethnisch-territoriale Konflikte in den GUS-Staaten nicht nur nach dem Schema Militärintervention und Abspaltung, sondern auch friedlich auf dem Verhandlungsweg mit Reintegration und weitgehender regionaler Autonomie lösen kann.

Wie der „Kommersant“ berichtet, musste die russische Seite heftige Geschütze auffahren, um Smirnow kompromissbereit zu machen: Ihm wurden sowohl Schulden über 1,5 Mrd. Dollar für russisches Gas wie auch alte Unterschlagungen von humanitären Hilfsgütern vorgehalten.

Zuckerbrot und Peitsche aus dem Kreml


Neben der Peitsche soll es auch Zuckerbrot gegeben haben: Im Falle einer gütlichen Einigung wurde seiner Provinz eine Integration in das russische Gesundheits- und Ausbildungssystem sowie Rentenzahlungen an dort lebende russische Staatsbürger versprochen.

Moldawien hat gegenüber Russland offenbar auch schon Zugeständnisse zugesagt: Die Provinz soll einen garantierten Status mit eigenen Verwaltungsstrukturen und Verfassung erhalten und außerdem das Recht, aus dem Staatsverband auszutreten, wenn Moldawien als Land aufhören sollte zu existieren – ein Notnagel für den von den Dnjestr-Bewohnern gefürchteten Anschluss Moldawiens an Rumänien.

Russland blockt so Nato-Erweiterung ab


Medwedew verspricht sich auf diesem Krisen-Schauplatz aber auch mehr als nur den Imagegewinn durch seine angestrebte Rolle als Friedensstifter: In den angestrebten internationalen Vertrag über den neuen Status von Transnistrien soll die immerwährende militärische Neutralität Moldawiens festgeschrieben werden.

Dies heißt im Klartext: Das wiedervereinigte Land verzichtet auf einen Beitritt zur Nato.



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