Donnerstag, 07.07.2005
G-8: Verliererkoalition sorgt für MultipolaritätMoskau. Beim Live-8-Konzert herrschte internationale Harmonie auch am Roten Platz. Bei G-8- drohen Misstöne. Konträr zu Bush und Blair liegen die Positionen, die Putin in Kaliningrad und Astana befestigte.
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In Kaliningrad stimmten Schröder, Chirac und Putin bereits Positionen ab, die Bush und Blair nicht gefallen dürften.
Anti-globalistische Töne von Putin, anti-britische Scherze von Chirac
Putin schlug dabei fast schon anti-globalistische Töne an. Die britische Initiative, den afrikanischen Staaten mit Schuldenerlass und Finanzspritzen zu helfen, kritisierte er mit den Worten, wichtiger als Finanzhilfe sei eine globale Reform der Wirtschaftsbeziehungen zu den armen Ländern und eine Öffnung der G-8-Märkte. Chirac merkte auf der gemeinsamen Pressekonferenz an, dass die britischen Vorschläge die Afrikaner in neue Schulden treiben würden.
Vorher hatte Chirac schon im kleinen Kreis mit antibritischen Scherzen für Heiterkeit gesorgt. Der wichtigste Beitrag der Briten zur Landwirtschaft sei bisher BSE gewesen, witzelte er.
Aber bedeutsamer als diese Scherze und wirtschaftstheoretische Differenzen dürfte für die G-8-Diskussionen heute vor allem werden, dass Putin, Schröder und Chirac eine eigene politische Linie zum Irak und Iran formulierten.
Schröder, Chirac und Putin wieder in der Rolle der Friedenspolitiker
Schröder versucht in der Rolle des Friedenspolitikers, das Wunder der letzten Bundestagswahl zu wiederholen. Chirac kann im Konflikt mit Bush und Blair versuchen, sein Image aufzupolieren, das durch das EU-Referendum und jetzt auch noch durch die Olympiade-Entscheidung stark ramponiert ist. Putin muss sowieso alles tun, was dazu beiträgt, den US-Einfluss im mittelasiatischen und asiatischen Raum einzudämmen.
Iran integrieren, USA isolieren?
Eben dies war auch der Zweck des Treffens der sogenannten Schanghai-Staten-Gruppe in der kasachischen Hauptstadt Astana. Beteiligt daran sind Russland, China, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan. Als Beobachter waren erstmals der Iran, Indien und Pakistan mit von der Partie. In den in Astana vertretenen Staaten leben drei Milliarden Menschen.
Bush missfällt vermutlich die Integration des Iran in den internationalen politischen Prozess mindestens ebenso, wie die Forderung der Schanghai-Gruppe, Abzugsfristen für die US-Militärbasen aus Mittelasien festzulegen.
Verliererkoalition will multipolare Welt statt eindimensionaler Arroganz der Macht
Zumindest lässt sich all dies nicht einfach mit den Worten abtun, Schröder, Chirac, Putin und die Schanghai-Truppe seien eine typische Verliererkoalition. Es ist vielmehr eine weitere Entwicklung der Politik, der Eindimensionalität der us-amerikanischen Arroganz der Macht eine multipolare Welt entgegenzusetzen.
Zumindest dürften sich die Forderungen einiger US-Politiker, Russland aus der G-8 auszuschließen, inzwischen erledigt haben.
Im kommenden Jahr wird Russland den Vorsitz in der G-8 übernehmen und ein Thema in den Mittelpunkt stellen, das den multipolaren Trend noch mehr verstärkt: Energiepolitik.
(Gisbert Mrozek/gim/.rufo)
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