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Der kleine Artjom wird von den russischen Behörden in Empfang genommen, nachdem ihn die Adoptiveltern einfach abschoben (Foto: TV)
Der kleine Artjom wird von den russischen Behörden in Empfang genommen, nachdem ihn die Adoptiveltern einfach abschoben (Foto: TV)
Freitag, 09.04.2010

US-Pflegeeltern schieben 7-Jährigen nach Russland ab

Moskau. Ein neuer Pflegekinder-Skandal erschüttert die russisch-amerikanischen Beziehungen. Eine Pflegemutter hatte keine Lust mehr, sich um ihren siebenjährigen Sohn zu kümmern und setzte ihn ins Flugzeug nach Moskau.

Der siebenjährige Artjom Hansen (Solowjow) steht unter Schock. Vor fünf Monaten war er von einer US-Familie adoptiert worden. Nun hat ihn seine Pflegemutter einfach „weggeworfen“. Sie setzte ihn allein in ein Flugzeug nach Moskau. Dabei hatte er einen Rucksack, einen Lolli und einen Zettel. Auf dem Zettel stand, dass die „Mutter“ auf ihr Pflegekind verzichte, um ihre Nerven zu schonen und ihre Familie zu bewahren.

Einfach weggeworfen


Der kleine Artjom wusste bei seinem Transatlantik-Flug noch nicht, dass er abgeschoben wurde. Auf dem Moskauer Flughafen wurde er von einem Mann erwartet, der ihn zum russischen Bildungsministerium brachte. Dort war man sichtlich überrascht über diesen Gast.

Bei Russland-Aktuell
• Erneut Tod eines russischen Adoptivkindes in den USA (03.03.2010)
• Elton John darf ukrainischen Jungen nicht adoptieren (14.09.2009)
• Verhaftet: Mutter entführt vom Vater gekidnappte Tochter (13.04.2009)
• Wer sich nicht einfügt, landet in der Psychiatrie (30.04.2008)
Der Mann erklärte später, die (Pflege-)Großmutter habe ihn per E-Mail darum gebeten, den Jungen abzuholen und ins Ministerium zu bringen. Genaue Einzelheiten wisse er nicht.

In Moskau sorgt dieser Fall für Schlagzeilen und Empörung. Sich auf diese Weise von einem Kind loszusagen, es einfach „wie ein Kätzchen auszusetzen“, sei zumindest grausam, urteilte der russische Kinderrechts-Beauftragte Pawel Astachow.

Kind ist schwer getroffen


Artjom wurde zur Untersuchung ins Krankenhaus gebracht. „Körperlich geht es dem Jungen gut, aber moralisch ist er natürlich schwer mitgenommen, weil er allein reisen musste und nicht einmal wusste, dass die Familie auf ihn verzichtet“, teilte Larissa Bondarewa, Leiterin der Kinderfürsorge im Stadtbezirk Twerskaja in Moskau, mit.

Nach Angaben der Behörden spricht der Junge nur noch sehr schlecht russisch. Es scheine, als habe er während seines mehrmonatigen Aufenthalts in den USA die Sprache fast völlig vergessen, erklärte Bondarewa.

Nun wird eine neue Pflegefamilie für Artjom gesucht – allerdings in Russland. Das Ermittlungskomitee der Staatsanwaltschaft hat unterdessen die Untersuchungen aufgenommen, ob die Adoption überhaupt rechtens war.

Debatte über ausländische Adoptiveltern flammt auf


Russland diskutiert derweil, ob es nicht ein generelles Adoptionsverbot für Ausländer geben solle. Die Debatte ist nicht allein durch diesen Fall ausgelöst worden. In den letzten Jahren sind immer wieder russische Adoptivkinder Misshandlungsopfer in US-Pflegefamilien geworden.

Erst vor einem Monat war der grausame Tod des siebenjährigen Wanja Skorobogatow aus Tscheljabinsk bekannt geworden. Der Junge war 2003 von dem amerikanischen Ehepaar Michael und Nanette Craver adoptiert worden. Der Junge starb im August letzten Jahres an Unterernährung und Misshandlungen.



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