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Harte Urteile - aber gegen nicht vorhandene Angeklagte ergingen im sog. Ulman-Prozess (foto: NTW/newsru)
Harte Urteile - aber gegen nicht vorhandene Angeklagte ergingen im sog. Ulman-Prozess (foto: NTW/newsru)
Donnerstag, 14.06.2007

Militärgericht verurteilt Mord an Tschetschenen

Rostow-am-Don. Vier russische Armee-Offiziere sind wegen der Erschießung von sechs tschetschenischen Zivilisten zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Drei Angeklagte sind allerdings spurlos verschwunden.

Im dritten Gerichtsprozess um den sogenannten „Fall Ulman“ wurden der Hauptmann Eduard Ulman, Leutnant Alexander Kalaganski und Fähnrich Wladimir Wojewodin heute zu je 14, elf und zwölf Jahren Haft verurteilt. Diese drei Angeklagten sind jedoch seit April spurlos verschwunden – wobei unterschiedliche Versionen im Umlauf sind, was dahinter steckt.

Als einziger anwesender Angeklagter erhielt der Major Alexej Perelewski ein Urteil über neun Jahre. Er wurde daraufhin im Gerichtssaal verhaftet. Parallel billigte das Gericht die Zivilklagen von acht Hinterbliebenen über je 500.000 Rubel (ca. 14.400 Euro). Bezahlen wird dies aber die Militäreinheit, in der die Angeklagten damals Dienst taten.

Sechs Zivilisten von Militärstreife hingerichtet



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Das Militärgericht des Nordkaukasus-Militärbezirks versuchte in dem Prozess, einen brutalen Zwischenfall im zweiten Tschetschenienkrieg aufzuklären. Eine zwölfköpfige Aufklärergruppe unter Kommando von Ulman hatte einen Geländewagen unter Feuer genommen, dessen Fahrer nicht auf Zeichen zum Anhalten reagiert hatte. Einer der sechs Insassen, der Direktor einer tschetschenischen Schule, wurde dabei getötet.

Die anderen fünf Insassen des Autos wurden von den Soldaten herausgeholt. Dann fragte Ulmans Einheit über Funk bei ihren Vorgesetzen an, was man mit den Überlebenden machen sollte. Ulmans Gruppe erhielt den Befehl, die Überlebenden zu erschießen. Kalaganski und Wojewodin griffen daraufhin zu ihren Waffen. Die Leichen wurden anschließend verbrannt.

Wer den Mordbefehl gab, blieb ungeklärt



Perelewski, damals diensthabender Offizier bei der Spezialeinheit, hat nach Ansicht des Gerichts den verbrecherischen Befehl über Funk übermittelt. Wer ihn aber gegeben hatte, konnte der Prozess - wie auch die beiden vorhergehenden – nicht klären.

Der tschetschenische Vize-Premier Siad Sabsabi, zugleich Vertreter der Kaukaususrepublik in Moskau, begrüßte das Urteil. Man habe in Tschetschenien zwar mit härteren Strafen gerechnet, aber das wichtigste sei, dass es einen Schuldspruch und ein objektives Urteil gegeben habe. In den beiden früheren Prozessen vor Geschworenengerichten hatte es Freisprüche gegeben, gegen die die Staatsanwaltschaft anschließend erfolgreich Revision einlegte.

“Es gibt doch Gerechtigkeit in Russland“



Der Prozess habe gezeigt, dass es „in Russland ungeachtet aller Pannen und Probleme eine gerechte Justiz“ gebe und das Strafe unausweichlich sei, sagte der Vorsitzende des Gesetzgebungs-Komitees des Parlaments, Pawel Krascheninnikow: „Das Urteil hat gezeigt, dass es egal ist, auf welcher Seite du stehst – Verbrechen dürfen nicht ungesühnt bleiben.“

Das Urteil und der ganze Prozess lassen aber nach wie vor viele Fragen offen, kritisierte der Duma-Abgeordnete Gennadi Gudkow. Zwar sei es gut, dass ein eindeutiges Urteil gefällt worden sei, doch blieben die eigentlichen Haupttäter im Dunkeln. „Die Schuld der hochrangigen ungenannten Offiziere ist bedeutend höher als die Schuld von Ulman und den anderen, die zu Sündenböcken gemacht wurden“, sagte das Mitglied des Sicherheits-Ausschusses des russischen Parlaments.

Ulman und Konsorten: Abgetaucht - oder etwa entführt?



Er stelle sich die berechtigte Frage, ob die Militärs, die damals den Mordbefehl über Funk gaben nicht auch jene Leute seien, die vor zwei Monaten das spurlose Verschwinden der drei Angeklagten organisiert hätten, sagte Gudkow.

Die Angeklagten - als sie noch nicht verschwunden waren. In der Mitte Eduard Ulman. (Foto: NTW/newsru)
Die Angeklagten - als sie noch nicht verschwunden waren. In der Mitte Eduard Ulman. (Foto: NTW/newsru)
Nachdem drei der vier Angeklagten, die damals auf freiem Fuß waren, am 12. April nicht zur Verhandlung erschienen waren, hatte das Militärgericht sie ohne Erfolg zur Fahndung ausschreiben lassen. Mit Ausnahme des inzwischen arbeitslosen Wojewodin standen die Angeklagten alle bis zuletzt im Dienst einer Militäreinheit im ostsibirischen Ulan-Ude.

Neben der Version, dass die drei Offiziere mit Rückendeckung aus Militärkreisen abtauchen konnten, steht noch die Behauptung im Raum, sie könnten von rachesüchtigen Tschetschenen entführt worden sein. Der nationalistische Duma-Abgeordnete Dmitri Rogiosin hatte in einem Brief an den russischen Generalstaatsanwalt deshalb Durchsuchungen bei den Familien der Angehörigen der Opfer gefordert.

Der Ankläger in dem Rostower Prozess hatte dies als „weiteren beleidigenden Schlag“ für die Hinterbliebenen bezeichnet. Auch gebe es ein deutliches Indiz dafür, dass die drei verschwundenen Offiziere am Leben seien: Ihre Familien hätten keine Vermisstenanzeigen gestellt.


(ld/rufo/St.Petersburg)


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