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Ein Soldatendenkmal erinnert an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges (Foto: rufo)
Ein Soldatendenkmal erinnert an die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges (Foto: rufo)
Freitag, 06.05.2005

60 Jahre danach kaum antideutsche Stimmungen

Moskau. „Nichts ist vergessen, niemand ist vergessen“ lautet die Standardinschrift russischer Weltkriegs-Mahnmale. Das Bild vom „hässlichen Deutschen“ gibt es in Russland aber trotzdem nicht.

Obwohl der von Hitler angezettelte Zweite Weltkrieg in der Sowjetunion mindestens 27 Millionen Menschen das Leben kostete, ist das Verhältnis der Russen zu Deutschland und den Deutschen heute überraschend entspannt. Antideutsche Überschriften in der Boulevard-Presse, wie in manchen westeuropäischen Nachbarländern der Bundesrepublik bis heute weit verbreitet, wären in Russland kaum denkbar.

Deutschenhass gibt es kaum

Deutschenhass ist auch für Juri Preobraschenski unvorstellbar. Er verteidigte das belagerte Leningrad, wo während der 900tägigen Blockade über eine Million Menschen verhungerten und erfroren. Durch ein Fernrohr konnte er die Landser auf der anderen Seite der Front beobachten. „Eure Jungs hatten noch nicht mal vernünftige Wintermäntel. Wieso sollte ich diese Burschen hassen?“, erinnert er sich.

Menschen aus den Entwicklungsländern, aber auch US-Amerikaner oder selbst russische Staatsbürger aus dem Kaukasus müssen in Russland tagtäglich gegen Vorurteile kämpfen. Kurioserweise hat aber bereits Jossif Stalin das spätere Verhältnis seiner Untertanen zu den Deutschen vorbestimmt. „Wir kämpfen nicht gegen das deutsche Volk, wir kämpfen gegen den deutschen Faschismus“, hatte der Sowjetdiktator erklärt.

Schumann-Musik in der Stalingrad-Gedenkstätte

\"Mutter Heimat\" erinnert auf dem Mamajew-Hügel in Stalingrad an den Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges (Foto: Gawrilow/.rufo)
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In der Weltkriegs-Gedenkstätte am Wolgograder Mamajew-Hügel spielt ein Endlos-Tonband in der Halle mit dem Ewigen Feuer Schumanns Träumerei. Die deutsche Melodie am Schauplatz der Schlacht von Stalingrad ist von der Museumsdirektion bewusst gewählt.

„Andererseits gibt bei weiten Bevölkerungsteilen noch immer einen relativ starken antideutschen Komplex, der aus einem Ungerechtigkeitsempfinden herrührt“, meint der Soziologie-Professor Andrej Sdrawomyslow. Den Russen als Siegern des Krieges sei es nicht gelungen, Wohlstand zu schaffen, den besiegten Deutschen dagegen schon. „Das kann die Mehrheit der Leute nicht nachvollziehen.“

Die DDR - das sozialistische Wunderland - war eine wichtige Brücke

Dennoch sprechen vor allem Russen, die bereits einmal in Deutschland waren oder dort Freunde und Verwandte haben, oft mit regelrechter Bewunderung über die Deutschen und ihre Tugenden. Für die hunderttausenden sowjetischen Soldaten und Offiziere und deren Familien war die verhältnismäßig wohlhabende DDR das sozialistische Wunderland.

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„Die Existenz der DDR war während des Kalten Krieges enorm wichtig“, so der Soziologe Sdrawomyslow. Er selbst habe seine feindselige Einstellung zu den Deutschen abgelegt, nachdem er an der Leningrader Universität die ersten ostdeutschen Studenten kennengelernt hatte.

“Die Deutschlehrerin haben wir auch nicht mehr geärgert, als die anderen.“

Die junge Generation der Russen verbindet den Begriff „Deutschland“ inzwischen kaum noch mit dem Krieg, aber die Vergangenheit bleibt nicht vergessen: „Unsere Deutschlehrerinnen haben wir eigentlich auch nicht mehr geärgert, als die anderen“, erzählt ein Moskauer Journalist, „wenn doch, haben wir es damit gerechtfertigt, dass sie die Sprache der Faschisten unterrichtete.“

Inzwischen begeistern sich die Russen fast wieder so stark für die klassische deutsche Kultur, wie vor dem Krieg, als Deutsch erste Fremdsprache an den Schulen war. Selbst Kreml-Chef Putin schickte seine beiden Töchter auf die Deutsche Schule in Moskau. Ein mittelmäßig gebildeter Russe hat ohnehin mehr Bücher deutscher Schriftsteller gelesen, als mancher deutsche Germanistik-Student.

(epd/kp/.rufo)


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