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Die Kollage zeigt Einwickelpapiere der Krasny-Oktjabr-Schokolade Aljonka in den letzten Jahrzehnten (Kollage: Stabroth).
Die Kollage zeigt Einwickelpapiere der Krasny-Oktjabr-Schokolade Aljonka in den letzten Jahrzehnten (Kollage: Stabroth).
Donnerstag, 08.11.2007

Ausstellung: Russische Schokolade gegen Leberschäden

Köln/Berlin/Moskau. Unter dem Titel „Ausgepackt – oder kennen Sie Aljonka?“ zeigt das Kölner Schokoladenmuseum russische Einwickelpapiere. Russland-Aktuell sprach mit Sammler und Schoko-Fan Sven Stabroth.

R-A: In Deutschland ist es jetzt acht Uhr am Morgen. Haben Sie Ihre heiße Frühstücksschokolade schon getrunken?

Man sollte es nicht glauben, aber tatsächlich steht neben mir eine Tasse mit der Aufschrift „Hot Chocolate“ und darin ist Kaffee mit Schokoladen-Pulver, so wie ich das jeden Morgen trinke.

R-A: Tatsächlich? Das ist eine Überraschung! Sie sammeln Schokoladenpapiere. Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

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Es gab eine Zeit in meiner Jugend, in der ich sehr vieles aufbewahrt habe. Irgendwann gehörten dazu auch Schokoladen-Papiere – das kann ich aber noch nicht als bewusstes Sammeln bezeichnen. Als mir in der Wendezeit erstmals aus dem westlichen Teil Deutschlands zwei Schokoladenpapiere mitgebracht wurden, habe ich mich bewusst entschieden: Ab jetzt konzentriere ich mich beim Sammeln ausschließlich auf Schokoladenpapiere.

R-A: Wie sammeln Sie? Gehen Sie selbst auf „Shopping-Tour“ in Russland?

Ich schaue natürlich gern selbst nach, welche neuen Schokoladen-Papiere es gibt. Aber ich bin auf die Hilfe von Bekannten angewiesen. Das können berufliche Kontakte und Freunde sein, die im Ausland sind und mir Papiere mitbringen.

Ausgepackt - oder kennen Sie Aljonka?
Einwickelpapiere osteuropäischer Schokoladen aus der Sammlung von Sven Stabroth. Die Sammlung im Kölner Schokoladenmuseum umfasst 180 Papiere aus Russland, Kasachstan, Weißrussland, Estland, Lettland, Moldawien oder der Ukraine.

Die Papiere sind nach Themen unterteilt: Aljonka; Länder,Städte und Landschaften; Staatliche Symbole und nationale Feiertage; Volkskunst und Malerei; Märchen und märchenhafte Motive; Einfach typisch.

Die Ausstellung ist noch bis zum 25. November 2007 im Schokoladenmuseum in Köln zu sehen (Am Schokoladenmuseum 1a, 50678 Köln, Telefon: 0221/93 18 88 13, Internet: www.schokoladenmuseum.de).
Außerdem gibt es mittlerweile die Möglichkeit Papiere bei Internet-Portalen zu ersteigern. Es gibt offensichtlich einen kleinen Nischenmarkt – ich bin also nicht der einzige Sammler. Und da sind wir dann schon bei der nächsten Quelle: Ich tausche mich mit anderen Sammlern aus.

R-A: Gibt es tatsächlich auf Schokoladen-Papiere spezialisierte Tauschportale oder sind diese Plattformen Teil von großen Portalen wie beispielsweise Ebay?

Rein auf Schokoladen-Papiere spezialisierte Portale gibt es noch nicht. Aber es gibt in Prag beispielsweise eine Tauschbörse für viele verschiedene Sammler und dort haben die Schokoladen-Papiere ihren festen Platz.

R-A: Sie selbst planen nicht, eine Tauschbörse zu eröffnen?

Ich bin mir nicht sicher, ob mein Internet-Auftritt noch in diesem Jahr online geht. Er wird aber kommen, um über diesen Weg noch andere Menschen zu erreichen. Die Domain www.schokoladenpapier.de habe ich bereits reserviert.
R-A: Wenn Ihre Papiere nicht gerade im Museum bei einer Ausstellung gezeigt werden, hängen sie dann bei Ihnen an der Wand?


Noch hat auch Sammler Sven Stabroth Platz in seiner Wohnung: Die Schokoladenpapiere aus aller Welt füllen bereits mehr als 50 Ordner (Foto: Sven Gückel).
Noch hat auch Sammler Sven Stabroth Platz in seiner Wohnung: Die Schokoladenpapiere aus aller Welt füllen bereits mehr als 50 Ordner (Foto: Sven Gückel).
Die Sammlung habe ich bei mir zu Hause in der Wohnung. Das ist ein riesiges Regal mit mittlerweile mehr als fünfzig Ordnern. Die Papiere sind in Klarsichthüllen einzeln oder maximal zu zwei Stück aufbewahrt, damit die Übersicht nicht verloren geht. In den Ordnern sind die Papiere nach Ländern und dann nach Herstellern und Marken sortiert.

Vom Aufhängen der Papiere in der Wohnung habe ich abgesehen, weil ich vermeiden will, dass sie dem direkten Lichteinfall ausgesetzt sind und womöglich ausbleichen. Nichtsdestotrotz: Einige Bilderrahmen mit Schokoladenmotiven habe ich natürlich in meinem Arbeitszimmer hängen.

R-A: Nennen Sie doch einmal einige Ihrer Lieblingsmotive.

Da sind das klassische Aljonka-Motiv und auch das Motiv aus einem Puschkin-Märchen auf einer Schokolade der Firma „Spartak“ – ein Kater streift um einen Baum und erzählt ein Märchen. Auch die Märchenmotive auf weißrussischen Schokoladen sind sehr gut gelungen.

R-A: Gibt es auch skurrile Beispiele?

Was den Geschmack betrifft, ja: Es gibt zum Beispiel eine russische Schokolade mit der Kljukwa, also der Moosbeere, in der Füllung.

Das interessanteste Papier – und das ist natürlich auch in der Ausstellung in Köln zu sehen – ist die „Sibirski Schokolad“. Auf dem Papier wird versprochen, dass die Zutaten der sibirischen Lärche Bronchitis, Lungen- und auch Leberschäden vorbeugen. Das ist in dieser Form wirklich einzigartig. Diese Schokolade wurde ursprünglich mal von der Moskauer Firma „Krasny Oktjabr“ hergestellt.

R-A: Eigentlich erwartet man, dass hier in Russland Schokolade mit Wodka-Füllung gegen Leberschäden angeboten wird. Denn Wodka gilt ja hier als Allheilmittel gegen alles.

Sehr interessant ist, dass mir keine russische Schokolade mit Wodka-Füllung bekannt ist. Die einzige beiden Tafeln mit Wodka-Füllung, die ich in meiner Sammlung habe, kommen aus Nordrhein-Westfalen – einmal Wodka, Zitrone, Trüffel und einmal einfach mit Wodka.

R-A: Gibt es grundsätzliche Unterschiede in der Gestaltung zwischen deutschen und russischen Schokoladen-Papieren?

Ein wichtiger Unterschied ist, dass bei russischen Schokoladen lange der Firmennamen oder die Marke nicht im Vordergrund standen.

Es gab Schokoladen-Papiere, aus denen für den Konsumenten nicht unmittelbar ersichtlich war, welchen Geschmack die jeweilige Schokolade hat. Die hatten einfach Namen, wie „Aljonka“ oder auch „Presidentski Schokolad“. Aber die Papiere haben nicht verraten, ob es sich um eine Zartbitter-, eine Vollmilch- eine weiße Schokolade oder sogar eine Schokolade mit Füllung handelt. Das scheint sich derzeit zu verändern.

Ein anderer Unterschied zu westeuropäischen Papieren ist, dass nicht das Verfallsdatum auf die Verpackung gedruckt wird, sondern das Herstellungsdatum.

R-A: Welches ist denn das älteste Papier mit dem ältesten Herstellungsdatum in Ihrer Sammlung?

Ich glaube in den 80er Jahren fing man damit an, das Herstelldatum aufzudrucken, um die Verbraucher zu informieren. Bei den Papieren aus der Zeit davor ist es schwer, das Herstelldatum zu bestimmen. Ich denke, mein ältestes Papier ist bestimmt 60 bis 70 Jahre alt. Und das älteste russische Schokoladen-Papier in meiner Sammlung stammt aus der Wende- und Perestrojka-Zeit, so aus dem Jahr 1988.

R-A: In der Presseinformation der Kölner Ausstellung wird auch der „Erfinder“ der „Aljonka“-Schokolade erwähnt – das soll ein deutscher Konditor namens von Einem gewesen sein, der in Moskau gearbeitet hat. Gibt es diese Familie noch?

Die Familie gibt es wohl noch. Ich habe vor Kurzem mit jemandem gesprochen, dem der Name aus dem württembergischen Raum ein Begriff war. Und es gibt sogar eine Schokolade – das Papier ist auch in der Ausstellung zu sehen –, die die Firma „Krasny Oktjabr“ dem Urururgroßvater der Schokolade gewidmet hat: Das ist die „Einem Prima“, verpackt in ein lilafarbenes Papier mit goldenem Schmuckaufdruck. Ob es die heute noch im Sortiment von „Krasny Oktjabr“ gibt, weiß ich nicht.

R-A: Haben Sie schon mal in Moskau nach der Familie „von Einem“ geforscht?

Das ist ein Projekt, was ich vielleicht einmal angehen sollte. Ich war ehrlich gesagt noch nicht einmal in Moskau.

R-A: Wann kommt die Ausstellung nach Moskau?

Das wäre ein kleiner Traum, die Ausstellung im Fabrik-Museum von Krasny Oktjabr in Moskau zeigen zu können. Geplant ist jetzt erst einmal, die Ausstellung von Köln nach Berlin zu holen.


Die Fragen stellte Christian Jahn.


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